Kontrolleure kennen mit Schwarzfahrern kein Pardon. Jeder Passagier ohne gültiges Billett wird mit 100 Franken gebüsst und landet im Schwarzfahrerregister. Nicht einmal Kinder sind vor solchen Konsequenzen sicher: Im Sommer büsste ein Kontrolleur im Kanton Schaffhausen eine Fünfjährige – dass das Mädchen den Bussenzettel selbst unterschreiben musste, sorgte für Empörung in der Öffentlichkeit.
Neueste Zahlen, die SonntagsBlick exklusiv vorliegen, zeigen nun: Aktuell sind 412'963 Personen als Schwarzfahrer registriert, 22'208 davon Kinder unter 16 Jahren. Laut Tarifverband Alliance Swisspass ist das der Stand von Mitte Dezember – da waren seit Einführung des Registers im April noch keine neun Monate vergangen!
Viele sind sogenannte Graufahrer
Wer einmal erfasst ist, darf frühestens nach Ablauf von zwei Jahren damit rechnen, wieder aus dem Verzeichnis gelöscht zu werden. Voraussetzung ist, dass der oder die Betroffene kein zweites Mal ohne Ticket in eine Kontrolle gerät.
Kritik an dieser hohen Zahl registrierter Personen kommt nun vom Preisüberwacher. Grundsätzlich hat Stefan Meierhans (51) nichts gegen das Register einzuwenden: «Werden Schwarzfahrer bestraft, können die ehrlichen Fahrgäste preislich profitieren.»
Doch die nun erfassten Schwarzfahrer seien eindeutig viel zu viele. Meierhans: «Ein Grossteil der registrierten Personen dürften sogenannte Graufahrer sein: Passagiere, die zwar ein Ticket haben – aber das falsche.»
Ein wesentlicher Grund für die hohe Zahl registrierter Schwarzfahrer sei demnach das komplizierte Tarifsystem. «Im Fernverkehr werden die Tickets nach Strecke berechnet, in den Verbünden nach dem Zonen-System.» Diese seien nicht miteinander kompatibel und kompliziert – deshalb würden wohl regelmässig auch Fahrgäste gebüsst und registriert, die ein falsches Ticket hätten.
Faires und nachvollziehbares Tarifsystem
Meierhans fordert deshalb ein kundenfreundlicheres Tarifsystem: «Eigentlich stehen die technischen Möglichkeiten bereits zur Verfügung, wie Swisspass oder SBB-App zeigen – doch offenbar konnten sich die rund 250 Anbieter bisher nicht auf ein System einigen.»
Inzwischen hat sich auch die Politik eingeschaltet: Der Walliser Nationalrat Mathias Reynard (32, SP) fordert in einem Postulat einen Bericht vom Bundesrat, in dem die Tarifgestaltung und die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs überprüft und Verbesserungsmöglichkeiten ausgelotet werden.
Der Bundesrat empfahl den Vorstoss zur Annahme. Und die Begründung lässt aufhorchen: «Der Bundesrat erwartet, dass in der ganzen Schweiz ein einfaches, faires, nachvollziehbares und sowohl für die ÖV-Kundschaft als auch für die Steuerzahlenden kostengünstiges Tarif- und Distributionssystem zur Verfügung gestellt wird.»
Auch der Alliance-Swisspass-Chef Helmut Eichhorn findet es gut, dass man nun eine saubere Auslegeordnung macht. «Es gibt Kundenfallen, die behoben werden müssen.» Es mache jedoch keinen Sinn, die beiden Tarifsysteme gegeneinander auszuspielen: «Es braucht einfach eine bessere Verknüpfung», so Eichhorn. Auch der Umgang mit minderjährigen Schwarzfahrern werde zurzeit beim Tarifverband intensiv diskutiert – unter anderem auch, wer die Verantwortung bei einem Unfall oder anderen Vorkommnissen trage, so Eichhorn.
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