2014 sorgte die Kirschessigfliege bei Bauern für Panik
So stoppen wir den Schädling Nummer 1

Die rasche Ausbreitung der Kirschessigfliege versetzte 2014 Schweizer Bauern in Panik. Doch in diesem Jahr zeigt der Kampf gegen das Insekt erste Erfolge.
Publiziert: 02.08.2015 um 21:56 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:22 Uhr
Forscher Kuske sammelt in den Kirschanlagen von Agroscope Kontrollfallen ein.
Foto: Foto: Stefan Bohrer

An manchen Bäumen sind die Kirschen satt und glänzend. An anderen, gleich nebenan, verrotten sie. Für Insektenforscher Stefan Kuske (44) ist es der Beweis, dass die Massnahmen wirken. Dass man das «Viech», wie er sagt, in den Griff bekommen kann.

Kuske arbeitet bei Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung. Mit «Viech» meint er die Kirschessigfliege. Der Schädling aus Asien hat sich rasend schnell über den Globus verbreitet. In der Schweiz findet man ihn heute in unfassbaren Mengen. Bei den Kirschen ist das Insekt Schädling Nummer eins.

Die Fliege frisst fast alles. Sie befällt gesunde Früchte, legt ihre Eier darin ab. Das Perfide: Sie tut es kurz vor der Ernte, wenn keine Insektizide mehr gespritzt werden sollten (Grafik).

2014 sorgte der Schädling bei Bauern für Panik. Seine schnelle Ausbreitung überraschte alle. Winzer waren zu Noternten gezwungen; ganze Kirschplantagen verfaulten. Verzweifelt setzte man Insektizide ein, die nur per Notzulassung erlaubt wurden und kaum wirkten. Der Schaden war gross.

Daraufhin erforschte Agroscope alternative Methoden – die zeigen nun offenbar Wirkung. Erst sah es aus, als ob das Insekt wieder angreift. «Zwar haben wir in unseren Fallen fast gleich viele Fliegen wie 2014», sagt Forscher Kuske, «aber wir haben bisher bei den Tafelkirschen fast keine Schäden.» Sie lägen im einstelligen Prozentbereich. Ebenso bei den Beeren. «Die Produzenten waren vorbereitet.»

Was die Fliegen fernhält, klingt banal, bedeutet aber eine grosse Umstellung: Insektennetze. Agroscope empfiehlt, sie bei Kirschenanlagen zusätzlich zum Hagelschutz seitlich aufzuhängen, sodass die Bäume komplett verhüllt sind. Viele Tafelkirschbauern hätten dies laut Kuske getan. «Wir tricksen die Fliege damit auf ziemlich einfache Weise aus.» Unbedingt sollten faule Früchte sofort entfernt werden, damit keine neuen Fliegen schlüpfen. Ein beträchtlicher Aufwand, der sich aber lohne. Vor allem bei Niederstammkulturen.

Anders sieht es bei Hochstammkirschen aus: Die Bäume einzeln einzunetzen, ist zu teuer. Darum kam es hier erneut zu Ernteausfällen. «Es herrscht ein grosser Druck», sagt Kuske. Die Forscher besprühen die Bäume nun probeweise mit Kalk, um die Fliegen zu verwirren und testen Lockfallen. Noch ist die Wirkung unklar.

Verschwinden wird die Fliege nie mehr. Der Wald dient ihr als Rückzugsgebiet. «Wir müssen lernen, mit ihr zu leben», sagt Kuske. Und uns wohl an verhüllte Kirschanlagen gewöhnen. «Es ist derzeit die einzige Möglichkeit, wenn wir weniger Insektizide sprühen wollen.» Offen bleibt, wie gross der Schaden bei den Weinreben wird. Denn erst im Spätsommer vermehrt sich die Fliege ungehemmt.

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