1963 froren in der Schweiz die Seen zu
Heute vor 60 Jahren stürmten 100'000 auf den Zürichsee

Am 1. Februar 1963 gab die Polizei den Zürichsee für die Bevölkerung frei – und die Menschen reisten aus der ganzen Schweiz an. Er war der erste von vielen weiteren Seen, die in der Schweiz zufroren.
Publiziert: 01.02.2023 um 09:43 Uhr
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Die letzte Zürcher Seegfrörni dauerte mit ein paar Tagen Unterbruch vom 1. Februar bis 8. März 1963.
Foto: Keystone
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Daniel ArnetRedaktor Gesellschaft / Magazin

Ein Wunder! Plötzlich können über 100’000 Menschen auf einmal übers Wasser gehen, denn heute vor 60 Jahren, am 1. Februar 1963 um Punkt 12 Uhr, gibt die Polizei den Zürichsee frei. Menschenmassen strömen von allen Ufern auf die über zehn Zentimeter dicke Eisfläche.

«Das Eisfest in der Stadt hat begonnen», schreibt die «NZZ» gleichentags in ihrer Abendausgabe. Mit Schlittschuhen, Schlitten oder einfach mit Winterstiefeln wagt sich Jung und Alt auf das gefrorene Wasser. Die Seegfrörni auf dem Zürichsee ist ein seltenes Ereignis, das es zuletzt 1929 gab und seit 1963 nie mehr.

«Maroni auf dem Zürichsee – das lässt man sich nicht entgehen»

Ein Volksfest, für das sich auch das Gewerbe aufs Glatteis wagt. «Das Einzige, an das ich mich konkret erinnere, ist ein Maroni-Stand mitten auf dem See», sagt der in Zürich geborene Schweizer Schriftsteller Charles Lewinsky (76, «Melnitz»), der damals ein Teenager war. «Und einmal auf dem Zürichsee Maroni essen – das lässt man sich nicht entgehen.»

Auf rund 88 Quadratkilometern Seefläche zwischen Rapperswil SG und Zürich herrschte damals Eiszeit. Von den grösseren Schweizer Seen fror gleichzeitig nur noch der relativ flache Bodensee ganz zu. Beim Neuenburgersee geht die letzte totale Überfrierung auf den Winter 1879/1880 zurück.

Kleinere, aber tiefere Seen wie der Brienzersee im Berner Oberland oder der Walensee in der Ostschweiz sind seit Menschengedenken noch nie zugefroren. Das hat mit den Bedingungen für Eisbildung zu tun: Die Wasseroberfläche gefriert erst dann zu, wenn das dichteste Wasser von vier Grad Celsius den Grund erreicht und der See nirgendwo diese Temperatur überschreitet.

Seit 1963 ist «Seegfrörni» im «Duden» eingetragen

Eine Faustregel besagt, dass es für den Zürichsee rund 200 negative Gradtage braucht, damit er tragfähig zugefriert. Das bedeutet zum Beispiel, dass es 40 Tage hintereinander nie wärmer als minus 5 Grad werden darf – ein Wert, der angesichts der Klimaerwärmung in den nächsten Jahrzehnten kaum mehr erreichbar ist.

1962 gab es Mitte November bis zum 9. Dezember und von Weihnachten bis Ende Jahr einen Kälteeinbruch. Ab dem 22. Januar 1963 musste die Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft ihren Betrieb einstellen. Schlittschuhfahren statt Schiffsfahrten standen als Nächstes auf dem Plan.

Am 9. März 1963 schmolzen die letzten Eisträume wieder dahin, und der Zürichsee ist bis heute nicht mehr ganz zugefroren. Aber etwas ist von diesem Ereignis bis heute geblieben: Der «Duden» nahm im selben Jahr «Seegfrörni, die» als schweizerisches Wort ins Lexikon auf. Wenn sie sich schon nicht mehr erleben lässt, dann lässt sie sich wenigstens offiziell lesen.

Warst du 1963 auch auf einem gefrorenen See unterwegs? Oder haben deine Eltern noch Bilder davon? Schick sie uns gleich über den Leserreporter-Zugang in der Blick-App (iOS / Android) und erkläre kurz, was du damals erlebt hast.

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