Mehr als ein Jahr lang wusste der Vater aus dem Berner Seeland nicht, wo seine drei Kinder sind – und ob sie leben. Seine Ex-Frau war mit ihnen nach Tunesien gereist und hatte nicht vor, zurückzukehren.
Wie die «Berner Zeitung» berichtet, hat das Ehepaar drei Kinder. Noch während der Schwangerschaft trennte sich die gebürtige Schweizerin von ihrem Mann aus Guinea. Die Elternschaft wurde zum Problem, immer wieder kam es zu Streit. Der Ehemann erhielt sogar ein Rayonverbot.
Laut eigener Aussage war auch die Mutter überfordert mit den drei Kindern und litt an psychischen Problemen. Als die Familie mütterlicherseits die Frau 2018 bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) meldete, entführte sie die Kinder nach Tunesien.
«Ich wollte weg von allem, damit ich und die Kinder zur Ruhe kommen können», erklärt sie nun vor Gericht. Eigentlich habe sie nur eine Kur in Deutschland machen wollen, gab sie an. Dafür informierte sie ihren Ex kurzfristig per Whatsapp. Dann aber entschied sie sich kurzerhand, nach Tunesien zu gehen – ohne den Vater der Kinder zu informieren. Sie habe Angst gehabt, er könnte ihr nachreisen, sagte sie als Begründung.
Neuanfang ohne Fundament
Mithilfe ihrer Freundinnen gelang der Schweizerin in Tunesien ein Neuanfang voller Risiken. Sie arbeitete schwarz in einem Callcenter und liess die Kinder von einer schweizerisch-tunesischen Pflegefamilie betreuen. Eine Aufenthaltsbewilligung hatte sie nicht.
18 Monate später ertappten die Behörden die Frau und schafften sie in die Schweiz aus. In der Schweiz hatte der Ex-Mann das Verschwinden gemeldet. Er wusste dabei die ganze Zeit nicht, ob es seiner Familie gut geht und ob sie lebt.
Die Frau musste anschliessend vor Gericht. Das Regionalgericht in Biel verurteilte die Mutter nach der Rückkehr 2020 wegen Freiheitsberaubung und Entführung zu 21 Monaten Gefängnis auf Bewährung – sie musste also nicht hinter Gitter. Zwar sei der Tatbestand der Kindesentführung erfüllt, denn die Frau hatte nicht vor, ins Seeland zurückzukehren. Dennoch liess das Gericht mildernde Umstände walten.
Die Staatsanwaltschaft zeigte sich mit dem Urteil nicht zufrieden und zog es an das Obergericht in Bern weiter. In Bern griffen die Richter durch und verhängten ein knallhartes Urteil: 45 Monate Haft unbedingt – mehr sogar, als die Staatsanwaltschaft forderte. Die Mutter muss jetzt drei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Auf Trennung vom Vater folgt Trennung der Mutter
Die Begründung des Gerichts: Erst waren die drei Kinder über ein Jahr vom Vater getrennt, nun werden sie der Mutter weggenommen. «Es ist kein Kriterium für die Strafzumessung, ob es für das Kindeswohl besser ist, wenn die Mutter nicht ins Gefängnis gehen muss», sagte der Gerichtspräsident. Und: «Es sind gravierende Verbrechen und Vergehen, die da passiert sind.»
Im Gegensatz zum Regionalgericht sehe das Obergericht keine Reue oder Einsicht bei der Mutter. Deshalb gebe es auch keine mildernden Umstände. (jwg)
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