An den Kampfstiefelsohlen kleben Konfetti, im Profil stecken Glasscherben von der letzten Party mit den Kameraden. Die stieg vor zehn Jahren. Seither verstaubten die Schuhe im Estrich.
Die Party war wild. Endlich hatten wir die zehn Monate im Tenue Grün bei der Mob Log Ber Kp 104 hinter uns – der Mobilen Logistik-Bereitschafts-Kompanie. Als Motorfahrer-Durchdiener leisteten wir den Militärdienst am Stück.
Während Monaten übernachteten wir in Schlafsäcken in feuchten Luftschutzbunkern. An guten Tagen fuhren wir Munition durchs Land. Meistens aber sassen wir rum, weil es nichts zu tun gab. Die volle Dröhnung der besten Armee der Welt. Das Hirn: auf Standby. Ich habe es gehasst.
Danach war ich Reservist. Das Sturmgewehr musste ich bloss einmal im Jahr in die Hand nehmen fürs Obligatorische. Rückten Kollegen in den WK ein, lachte ich sie aus.
«Entlassung aus der Militärdienstpflicht»
Am Freitag schlüpfte ich ein letztes Mal in die Uniform. Auf dem Marschbefehl stand «Entlassung aus der Militärdienstpflicht». Wie 15'000 andere Armeeangehörige jährlich werde ich bei einer offiziellen Feier zum Veteran. Soldat Meyer meldet sich zur Ausserbetriebsetzung!
Mit 400 anderen Uniformierten rücke ich in die Kaserne Reppischtal in Birmensdorf ZH ein. Die Zürcher Entlassungsfeier ist die grösste im Land.
Sturmgewehr für läppische 100 Stutz
Einige schlurfen in zerschlissenen Kampfstiefeln an, von denen sich die Sohlen lösen. Einige tragen keine Uniform, weil sie längst nicht mehr hineinpassen. Nur bei wenigen sitzt das Tenue korrekt. Es ist egal. Dabei schrie einen in der RS der Kadi vor versammelter Kompanie nieder, wenn man beim Rasieren ein Barthaar stehen liess.
Das Gewehr werfen wir in irgendeine Holzkiste. So wie die Hemden, Gnägi, Helme, Gasmasken, Bérets. Das meiste werden neue Rekruten erhalten. Wer will, darf sein Sturmgewehr für läppische 100 Stutz nach Hause nehmen. In Zürich machen das nur zwei Prozent, auf dem Land zehn.
Schwelgen in Erinnerungen
Danach stehen wir zusammen zum letzten Zwipf, einer Zwischenverpflegung also. Selten kommt man mit Wildfremden einfacher ins Gespräch. Sobald Männer Uniform tragen, verbrüdern sie sich. Wir schwelgen in Erinnerungen an abenteuerliche Aufträge (mit 30 Tonnen Munition auf der Ladefläche über den Furkapass!), an sinnlose Aufträge (von Elgg ZH an den Genfersee fahren als Beschäftigungstherapie, 500 Kilometer retour!) und an idiotische Aufträge (Nachtwache mit Leseverbot!).
Letztere musste ich öfter übernehmen als andere. Aus mir wurde nie ein guter Soldat. Auf dem Leistungsausweis stand «genügend» und: «Trotz durchaus vorhandener Intelligenz konnte sich Soldat Meyer nicht für die Truppe motivieren.» Ich wollte etwas Restwürde behalten im grössten Pfadilager der Welt und leistete passiv-aggressiven Widerstand. Das hielt ich damals für klug.
Ein letztes Mal treten wir in Formation. Polizeivorsteher Richard Wolff (untauglich) hält eine Rede, dann ruft Kreiskommandant Daniel Bosshard (Oberst) das Detachement in Achtungsstellung. Wir stehen stramm, ein paar Sekunden, dann endlich: «Abtreten!» Die Pflicht fürs Vaterland ist erfüllt und man selbst, wie merkwürdig, sogar ein wenig stolz.
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