Vor gut zwei Monaten herrschte Feierlaune bei der Air-Glaciers. Mit einem Tag der offenen Hangare zelebrierte das grösste Heli-Unternehmen der Schweiz sein 50-Jahre-Jubiläum. Am 1. August 1965 hatte der Walliser Bergsteiger Bruno Bagnoud in Sitten die Firma gegründet. Sein Ziel: Leben retten.
Nur wenige Tage vor dem offiziellen Jubiläum kam es nun zur Tragödie. Auf einem Transportflug stürzte ein Air-Glaciers-Helikopter gestern in Lauterbrunnen BE ab. Der Pilot, der 51-jährige Familienvater Adrian M., kam dabei ums Leben.
11 Tote bei Abstürzen 1999 und 2000
Das Unglück auf dem Guggigletscher ist ein weiteres dunkles Kapitel in der Geschichte der Luftretter, die inzwischen auch Transport- und Tourismusflüge durchführen. So erschütterten um die Jahrtausendwende gleich zwei Heli-Crashs das Unternehmen.
Im Februar 1999 stürzte ein Heli in St. Niklaus VS ab, nachdem er in die Kabel einer Seilbahn geflogen war. Die drei Insassen der Maschine kamen ums Leben. Das Jahr darauf, im September 2000, kollidierten über Beuson VS bei Nendaz zwei Helis der Air-Glaciers in der Luft. Acht Personen, nebst dem Piloten sieben Touristen aus Indien, starben.
Air Glaciers droht Pleite
In jüngster Vergangenheit belasteten die Air-Glaciers zudem schwerwiegende finanzielle Schwierigkeiten. Vor einem Jahr wurde bekannt, dass die Firma mit Betreibungen und Zahlungsbefehlen in der Höhe von rund 2,6 Millionen Franken konfrontiert ist. Sie musste schliesslich den neuen Hangar am Flugplatz Sitten für 6 Millionen verkaufen, um den Bankrott abzuwenden.
Doch die drohende Pleite ist nicht abgewandt. Erst vor wenigen Tagen berichtete «Le Nouvelliste», dass Air-Glaciers der Stadt Sitten über eine Millionen Franken schuldet. Es handelt sich dabei um Rechnungen für Kerosin, mit dem die Air Glaciers ihre Helis am Flugplatz Sitten, der der Gemeinde gehört, betankte.
Air-Glaciers-Gründer Bruno Bagnoud (80) bestätigt, Schwierigkeiten zu haben, die Rechnungen zu zahlen. Es handle sich dabei aber um «Formalitäten», sagt er zu «Le Nouvelliste». «Ich bin zuversichtlich.»
Neue EU-Vorschrift machte Unternehmen zu schaffen
Gehts um die Gründe für die drohende Pleite, wird Bagnoud deutlicher. Man stecke in Zahlungsschwierigkeiten, weil man zu wenig Geld pro Rettungsflug erhalte. Seit einiger Zeit ist der Kanton für die Festlegung der Tarife zuständig. Diese seien seit Jahren nicht erhöht worden, kritisiert Bagnoud. «Unter diesen Umständen ist es schwierig, alle Rechnungen zu bezahlen.»
Zudem hat eine neue EU-Vorschrift die Air-Glaciers Ende vergangenes Jahr gezwungen, trotz finanzieller Engpässe eine Investition zu tätigen. Die Firma kaufte einen zweiten zweimotorigen Heli, weil nur noch diese für die Rettung auch in der Nacht zugelassen sind.
Bei den restlichen Helis der Air-Glaciers-Flotte hingegen handelt es sich um einmotorige Maschinen, die ausser in absoluten Notsituationen nur noch Rettungen am Tag durchführen dürfen. Dazu gehörte auch der neongelbe Ecureuil AS 350 B3, der gestern auf 2700 m.ü.M. auf dem Gletscher zerschellte. (lha)