1 Mio verdient, 300’000 Fr. Sozialhilfe erschlichen
Der frechste Teppich-Reiniger der Schweiz

Im Gericht simuliert der Iraner. Er behauptet, er litte unter Schizophrenie. Dennoch arbeitete er und erhielt nebenbei zusätzliche Sozialhilfe. Der Richter glaubte ihm kein Wort und erteilte dem Teppich-Reiniger eine Strafe.
Publiziert: 04.02.2014 um 19:35 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2018 um 23:30 Uhr
Mahmoud P. (r.) und sein Bruder auf dem Weg zum Gericht.
Foto: Toini Lindroos
Von Lea Gnos

Es war ein Theaterstück mit einem besonders unbegabten Hauptdarsteller. Gestern verurteilte das Bezirksgericht Zürich den iranischstämmigen Verkäufer und Teppichreiniger Mahmoud P.* (56) wegen gewerbsmässigen Betrugs zu 30 Monaten Gefängnis, sechs davon unbedingt.

Zwischen 2001 und 2011 kassiert P. rund 303 000 Franken Sozialhilfe – obwohl er gleichzeitig ein Vermögen von rund 897 785 Franken anhäuft und auf vier Bankkonten bei Credit Suisse, Migros Bank und Zürcher Kantonalbank verteilt. Auf dem Weg zum Gericht lässt sich Mahmoud P. von seinem Bruder stützen. Auf der Anklagebank sitzt er zusammengekauert und verweigert jede Aussage.

Er tut so, als verstünde er kein Wort Deutsch. Dabei lebt er seit 1986 in der Schweiz. Ehemalige Kunden berichteten, er spreche fliessend Deutsch. Seine Kapuze will er vor Gericht partout nicht abnehmen. Der Bruder erklärt: «Er hat Angst vor dem Licht. Er ist krank und lebt in einer anderen Welt.» Auch als der Richer die Lichter löschen lässt, behält P. die Kapuze auf. Die Verhandlung geht weiter. Mit Dolmetscherin.

Angst vor Menschen

Im September 2001 beantragte P. bei den Sozialen Diensten der Stadt Zürich finanzielle Unterstützung. Er gab an, nicht arbeiten zu können, weil er seit einem Autounfall 1999 Angst vor Menschen habe.

Doch statt krank zu Hause zu sitzen, arbeitet er. Besonders dreist: Seinen Kleider- und Schuhladen führt der Iraner fast neun Jahre lang direkt vor der Nase der Behörde, nur ein paar Meter neben dem Sozialamt in Zürich-Höngg. Hier bietet er auch Teppichreinigungen an. Rund 365 000 Franken überweist P. auf das Konto seiner Mutter im Iran. 2011 fliegt er auf, weil er kein medizinisches Gutachten vorlegen kann. Die Behörde schickt Sozialdetektive zu ihm.

P. windet sich. Er habe keine Sozialhilfe gewollt, sein Anwalt habe ihm dazu geraten. Der Laden und die Konten gehörten seinem Bruder. Er habe nur versuchsweise im Laden gearbeitet und sei schizophren.

Der Richter nimmt ihm die Show nicht ab. Bei der Urteilsverkündung sagt er, der Iraner sei ein Simulant und habe die Gutmütigkeit der Behörde ausgenutzt: «Er wusste genau, was er tat.»

* Name der Redaktion bekannt

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