Zwist um EU-Rahmenabkommen im Bundesrat
Kein eitel Sonnenschein bei Ausflug nach Freiburg

Bundesratsreisli in den Kanton Freiburg. Ein Regierungsteam mit sieben Meinungen zum EU-Rahmenabkommen im Gepäck mischt sich unter das Volk.
Publiziert: 06.07.2018 um 03:04 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 17:56 Uhr
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Bundesrat Ignazio Cassis auf dem Schulreisli des Bundesrats beim Treffen mit der Bevölkerung im freiburgischen Val-de-Charmey.
Foto: Keystone
Nico Menzato und Ruedi Studer

Just als die Bundesräte gestern auf dem alljährlichen Schulreisli im Dörfchen Val-de-Charmey im freiburgischen Greyezerland eintrafen, zogen dicke Wolken auf. 

Solche Wolken schweben momentan auch über der Landesregierung. Die Stimmung untereinander sei schlecht, sagt eine bundesratsnahe Person. Eine andere meint: Die Atmosphäre sei schon schlechter gewesen – aber auch schon um einiges besser. Es gehe eben um gewichtige Geschäfte, da würden die Differenzen viel stärker hervortreten, meint eine andere Quelle. «Es wird hart um die Sache gekämpft, aber anständig im Ton.»

Neue Konstellationen, Spannungen und Animositäten

Seit der Tessiner Ignazio Cassis (57, FDP) den freisinnigen Neuenburger Didier Burkhalter (58) als Aussenminister abgelöst hat, ist der Bundesrat spürbar nach rechts gerutscht: Die FDP/SVP-Vierbande lockerte etwa die Ausfuhrbestimmungen für Kriegsmaterial und stemmte sich gegen einen Vaterschaftsurlaub.

Das kam auch in der Bevölkerung nicht bei allen gut an.

Cassis hat das Machtgefüge in der Regierung durcheinandergewirbelt. Die beiden bisherigen Alphatiere, SP-Mann Alain Berset (46) und CVP-Frau Doris Leuthard (55), haben an Einfluss verloren. Was zu neuen Konstellationen, Spannungen und Animositäten führt.

Genugtuung war Berset anzumerken

Alles überschattet aber der Streit mit der EU zum Rahmenabkommen. Dieses soll eine vertragliche Grundlage für die bisherigen und allfällige neue bilateralen Verträge schaffen.

Hier scheint es in der Regierung sieben Meinungen zu geben – und diese werden auch öffentlich kundgetan, wie Anfang Jahr geschehen. Bei der europapolitischen Debatte vor einer Woche äusserten praktisch alle Bundesratskollegen Bedenken an Cassis' Ideen.

Eine gewisse Genugtuung war dem roten Berset gestern durchaus anzusehen, dass sein freisinniger Kontrahent in Sachen Lohnschutz ein Knebel zwischen die Beine geworfen bekam, zumindest offiziell.

EU verlangt Anpassungen

Bei den Verhandlungen mit der EU herrscht nun Stillstand. Derweil übernimmt FDP-Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (66) die Führung in der innenpolitischen Debatte rund um mögliche Anpassungen beim Lohnschutz. Die EU verlangt diese Änderungen, um den Weg zur Unterzeichnung des Rahmenabkommens freizumachen.

Vom Lohnschutz-Knatsch war auf dem Bundesratsreisli allerdings nichts zu spüren. Jedenfalls nicht beim Treffen mit der Bevölkerung. Zwar öffnete gerade da der Himmel seine Schleusen. Aber die sieben Magistraten lächelten tapfer den Regen und die Sorgen weg.

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