Mit seiner blonden Strubbelfrisur erinnert Londons Bürgermeister Boris Johnson (51) auf den ersten Blick an Donald Trump. Und auch politisch sorgt der britische Politiker gerade für genauso viel Aufsehen wie sein amerikanischer Doppelgänger im US-Wahlkampf. Johnson hat der Europäischen Union den Kampf angesagt – und macht damit seinem Parteikollegen und Premierminister David Cameron das Leben schwer.
Am 23. Juni sollen die Briten in einem Referendum darüber abstimmen, ob Grossbritannien in der EU bleibt oder es tatsächlich zum Brexit, also dem Ausstieg, kommt. Für den Regierungschef ist klar: Grossbritannien muss bleiben. Auch gestern machte sich Cameron bei seiner Rede im Unterhaus für den Verbleib stark. Er erklärte den Abgeordneten erneut, dass Grossbritannien innerhalb der EU wirtschaftlich besser aufgestellt und sicherer sei – auch wenn die Union weitere Reformen nötig habe.
Fünf Minister, darunter Justizminister Michael Gove und Arbeitsminister Iain Duncan Smith, hatten bereits am Samstag angekündigt, sich für einen Brexit stark zu machen. Und jetzt hat auch Boris Johnson der EU den Kampf angesagt. Das dürfte Cameron besonders hart treffen. Die britische «Sun» bezeichnet die Nachricht passend als «blonde Bombe».
Johnson, seit 2005 Bürgermeister von London, ist auf der Insel sehr beliebt. Er gilt als Gegenspieler von Cameron und wird von vielen sogar als potenzieller Nachfolger gehandelt. Im Stadtbild von London hat sich der gebürtige New Yorker längst verewigt: Er dachte sich die neue Version der legendären Doppeldecker-Busse aus, die im Volksmund mittlerweile «Boris Bus» genannt werden. Ausserdem versorgte er die chronisch verstopfte Stadt mit Leihvelos (den «Boris Bikes»), und den überlasteten Flughafen Heathrow würde er gerne durch einen neuen ersetzen. Dafür will Johnson eine Insel in der Themse aufschütten lassen – «Boris Island».
Geht es um den Verbleib in der EU, schlägt der als Spassvogel bekannte Politiker ernste Töne an: «Ich werde für einen Austritt werben, weil ich einen besseren Deal für die Menschen dieses Landes will», sagt er. «Ich will ihnen Ausgaben ersparen und will, dass sie die Kontrolle zurückbekommen.» Zwar lobt er die von Cameron geführten Verhandlungen, die vereinbarten Reformen seien jedoch nicht weitreichend genug.
Die Entscheidung, sich gegen seinen Premier zu stellen, sei ihm nicht leichtgefallen und habe ihm «eine gehörige Menge Kopfschmerzen» bereitet, sagt Johnson. Loyalität ist ihm wichtig. Deshalb hat der Konservative bereits bekannt gegeben, dass er nicht an Fernsehrunden teilnehmen werde, in denen er sich gegen David Cameron stellen müsste.