Zuwanderungs-Umsetzung nach Brexit in weiter Ferne
Die Schweiz muss jetzt hinten anstehen

Die Briten haben entschieden: Sie sagen Bye zur Union. Für die Schweiz ist eine einvernehmliche Lösung mit der EU in Sachen Masseneinwanderungsinitiative damit vorerst vom Tisch.
Publiziert: 24.06.2016 um 07:19 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:51 Uhr

Das Ja der Briten zum Austritt des Königreichs aus der EU bedeutet nicht nur für Brüssel, sondern auch für Bern den Worst Case. Dass bis Anfang Februar 2017 eine einvernehmliche Lösung mit der EU in Sachen Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative gefunden wird, ist jetzt definitiv ausgeschlossen. 

Die EU habe klar gemacht, dass weitere Verhandlungen nach einem Brexit «sehr schwierig» würden, sagte Jacques de Watteville, Chefunterhändler der Schweiz, jüngst in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». Für die nächsten zwei Jahre – die Frist, in der Grossbritannien mit der EU über die Austrittsmodalitäten verhandeln muss – ist von Schweizer Seite nichts zu wollen, da sind sich versierte Aussenpolitiker einig.

«Jetzt ist der Bundesrat gefordert»

«Jetzt ist der Bundesrat gefordert», sagt CVP-Nationalrätin Kathy Riklin. «Die Vorstellung, man könne im Juli noch rasch die Masseneinwanderungs-Initiative umsetzen, können wir jetzt endgültig vergessen.»

Denn die EU hat schlichtweg Wichtigeres zu tun, als mit der Schweiz über die Umsetzung der Volksinitiative zu verhandeln. Was für die Schweiz bedeutet: eine einseitige Umsetzung der Zuwanderungsinitiative – Plan B der Regierung – ist wohl unumgänglich.

Portmann fordert Volksabstimmung

Hans-Peter Portmann (FDP).
Foto: Keystone

Aus Sicht von FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann hat das Ja zum Brexit aber auch sein Positives. «Jetzt muss die Regierung die Zeit nutzen, um eine innenpolitische Aufgabe anzugehen: Dem Volk endlich reinen Wein einschenken», sagt er. Nichts führe an einer Abstimmung vorbei, die das Volk vor die Wahl zwischen Personenfreizügigkeit und der verfassungskonformen Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative stelle. Denn beides zusammen könne man nicht haben.

«Zudem muss das Mandat, das wir dem Bundesrat für Verhandlungen über institutionellen Fragen gegeben haben, sistiert werden», sagt Portmann. «Es darf keine weiteren Verhandlungen darüber geben, bis klar ist, wie die EU mit Grossbritannien umgeht.»

EU fürchtet Kettenreaktion

Der Brexit hat zudem zur Folge, dass die Verhandlungen für die Schweiz, wenn sie denn wieder aufgenommen werden, noch schwieriger werden dürften, als sie das sowieso bereits sind. Weil die EU nach dem Entscheid der Briten eine Kettenreaktion in der Union befürchtet, ist der Spielraum für Kompromisse winzig.

Folgen hat der Brexit ausserdem für den Forschungsplatz Schweiz. Für ihn wird der Briten-Austritt finanzielle Konsequenzen haben. Weil das Parlament gerade erst entschieden hat, die Ratifizierung des Kroatien-Protokolls an eine Lösung mit der EU in Sachen Masseneinwanderungsinitiative zu knüpfen, rückt für die Schweiz das EU-Forschungsprogramm «Horizon 2020» nämlich in weite Ferne. Denn nur wenn das Kroatien-Protokoll ratifiziert wird, ist die Teilnahme daran ab nächstem Jahr gesichert. Der Alptraum von Johann Schneider-Ammann ist damit Realität geworden. (lha)

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