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Zugang zu heiklen Gesundheitsdaten
Lobby versucht es durch die Hintertür

Krankenkassen sollen Daten ihrer Patienten künftig an Zusatzversicherungen weitergeben dürfen – ohne dass sich Betroffene wehren können.
Publiziert: 15.12.2019 um 12:00 Uhr
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Heute ist es Krankenkassen untersagt, Informationen zu ihren Patienten Dritten weiterzugeben.
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Camilla Alabor

Wer zum Arzt geht, wünscht sich, dass persönliche Informationen zu Krankheiten genau dort bleiben: beim Arzt. Schon heute haben durch die Grundversicherung auch Krankenkassen Zugang zu diesen Daten. Doch ist es ihnen untersagt, die Informationen Dritten weiterzugeben. Eine Mehrheit aus CVP, FDP und SVP will das ändern: Künftig sollen Kassen die Möglichkeit ­haben, Gesundheitsdaten ihrer ­Patienten auch ohne deren Zustimmung an Zusatzversicherungen zu übermitteln. Diese und weitere Änderungen verlangen fünf Motionen, die der Nationalrat am Dienstag behandelt.

So heikel der Vorschlag ist, so ­ungewöhnlich ist der Weg, die Gesetzesänderung durchzubringen. Denn die bürgerlichen Krankenkassenvertreter haben ihr Anliegen nicht in der gesundheitspolitischen Kommission eingebracht, wo die Politiker mit dem entsprechenden Fachwissen sitzen. Stattdessen versuchen sie es über die staatspolitischen Kommission. Dort wird derzeit über eine Revision des Datenschutzgesetzes gebrütet.

Verletzung der Privatsphäre

Für SP-Nationalrat und Arzt ­Angelo Barrile (43) ist deshalb klar: «Die Versicherungslobby versucht, ihre Anliegen durch die Hintertür einzubringen.» Auch sei der Vorschlag von bürgerlicher Seite so spät gekommen, dass keine inhaltliche Debatte möglich gewesen sei: «Wir konnten keine Anhörungen durchführen. Die gesundheitspolitische Dimension des Vorstosses wurde gar nicht diskutiert.»

Inhaltlich lehnt Barrile die Motio­nen ab. Es verletze die Privatsphäre, wenn Versicherungen heikle ­Daten von Patienten ohne deren Einwilligung verschickten.

Teil des Kampfes gegen Kostenanstieg

Ganz anderer Meinung ist CVP-Nationalrätin Ruth Humbel (62), die im Verwaltungsrat der Krankenkasse Concordia sitzt. Die Gesundheitspolitikerin findet, es mache durchaus Sinn, die Motionen in der staatspolitischen Kommission zu behandeln. Das Thema sei aufgekommen, weil es um ­Datenschutz gehe und in der Krankenversicherung diesbezüglich ­ gesetzliche Grundlagen fehlten. Die Forderung, die Geschäfte in der Gesundheitskommission zu behandeln, sei reine Verzögerungstaktik.

Laut Humbel verfolgen die Motionen das Ziel, den Kostenanstieg im Gesundheitswesen zu dämpfen und die Koordination der Leistungen zwischen Grund- und Zusatzversicherung sicherzustellen. So dürfen Krankenkassen ihre Patienten heute nicht informieren, wenn es ein billigeres Medikament gibt.

Politisch dürften sich die beiden Lager nicht einig werden. SP-Politiker Barrile will aber dafür sorgen, dass die Motionen zumindest am «richtigen» Ort behandelt werden: Er wird am Dienstag beantragen, die Motionen der Gesundheitskommission zuzuweisen.

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