Zuerst zierte sich die EU, dann die Schweiz
Chronologie einer verunglückten Beziehung

Mehr als sieben Jahre lang haben die Schweiz und die EU verhandelt. Nun ist das Rahmenabkommen (InstA) definitiv beerdigt. Die Beziehungen zu Brüssel sind an einem schwierigen Punkt. Wie konnte das geschehen? Blick zeichnet die Geschichte des InstA nach.
Publiziert: 26.05.2021 um 21:46 Uhr
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Justiziministerin Karin Keller-Sutter, Bundespräsident Guy Parmelin und Aussenminister Ignazio Cassis verkündeten den Verhandlungsabbruch.
Foto: Keystone
Lea Hartmann

Die Schweiz macht Schluss. Nach siebeneinhalb Jahren politischen Hickhacks, zwischenzeitlichem Stillstand, Annäherungen und Rückschlägen kehrt die Schweiz der EU beim Rahmenabkommen endgültig den Rücken.

Es ist der Knackpunkt in einer Beziehung, die von Beginn weg den Status «Es ist kompliziert» trug. 2013 hat der Bundesrat das Verhandlungsmandat verabschiedet. Wenige Monate nach der ersten Verhandlungsrunde legt die EU die Gespräche aber bereits wieder auf Eis. Der Grund: das knappe Ja der Schweizer Stimmbevölkerung zur Masseneinwanderungs-Initiative. Erst 2015, nach einem Besuch von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga (61), nähern sich Bern und Brüssel wieder an – nicht nur im übertragenen Sinn: Der Schmatzer des damaligen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker (66) ist unvergessen.

Missverständnisse und Nadelstiche

2017 übernimmt Aussenminister Ignazio Cassis (60) von FDP-Vorgänger Didier Burkhalter (61) das EU-Dossier. Und Juncker wird in Bern von Bundespräsidentin Doris Leuthard (58, CVP) empfangen. Diesmal sorgt kein Kussfoto für Aufregung, sondern die Ankündigung des EU-Kommissionschefs, das Abkommen sei bis im Frühling 2018 abgeschlossen. Einen Tag später dementiert die Schweiz.

Es ist der Beginn der nächsten Beziehungskrise. Die EU anerkennt wegen ungenügender Fortschritte die Schweizer Börse nur noch befristet als gleichwertig. 2019 wird diese Anerkennung nicht mehr verlängert. Die Schweiz reagiert ihrerseits mit einer Blockade des Kohäsionsbeitrags von über einer Milliarde Franken.

Unterhändlerin Nummer 5

Seit Ende 2018 liegt der Entwurf des Rahmenabkommens auf dem Tisch. Der Bundesrat ziert sich lange, eindeutig Stellung zu beziehen. Am Ende wird klar: Ohne substanzielle «Klärungen» wird die Schweiz den Vertrag nicht unterzeichnen. Ende 2020 übernimmt mit Livia Leu (60) bereits die fünfte Unterhändlerin das Dossier. Doch auch sie kann keinen Durchbruch erzielen. Nach seinem Besuch in Brüssel macht Bundespräsident Guy Parmelin (61) im April klar, dass grosse Differenzen bestehen. Zu grosse, um sich mit einem Rahmenabkommen zu binden.

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