Die Schweizer Wirtschaft steht wegen der Frankenstärke unter Druck. Klar ist, dass in einer derartigen Situation jede Abgabe an den Staat eine zu viel ist. Innenminister Alain Berset kommt in einem Bericht an den Bundesrat nun zum Schluss, dass eine Senkung der Erwerbsersatzordnung (EO)-Beiträge auf 0,45 Lohnprozente und eine rasche Entlastung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern möglich wäre. Das schreibt heute das«St. Galler Tagblatt».
Das würde heissen, dass die Wirtschaft jährlich rund 200 Millionen Franken weniger an das Sozialwerk zahlen müsste. Doch es bleibt offen, ob sich der Bundesrat für eine Senkung der Beiträge an die EO entscheidet. Die EO kompensiert bei Soldaten, frischgebackenen Müttern, Zivilschützern und Zivildienstleistenden einen Teil des Erwerbsausfalls.
Die Beiträge erhöhte der Bund zuletzt 2011. Die Frist für die Erhöhung wurde bis Ende 2015 von 0,3 auf 0,5 Lohnprozente festgelegt, um die Mutterschaftsversicherung zu finanzieren. Weil die finanzielle Lage der EO gut ist, fordern die Wirtschaft und bürgerliche Politiker eine Senkung der Beiträge.
Doch gemäss «St. Galler Tagblatts» wird Berset dem Bundesrat heute Mittwoch den Antrag stellen, am Beitrag von 0,5 Prozent festzuhalten. Offen sei, ob Berset im Bundesrat durchkommt.
Druck für eine Senkung macht die Arbeitgeberseite: «Der Bundesrat muss die Unternehmen jetzt entlasten», sagt Martin Kaiser, Mitglied der Geschäftsleitung des Arbeitgeberverbands, dem «Tagblatt». Die Regierung suche anderswo verzweifelt nach noch so kleinen Massnahmen: «Im Kampf um den Erhalt des Werkplatzes erwarten wir jetzt den Tatbeweis und nicht nur Lippenbekenntnisse.» Die Nichtverlängerung der bis Ende 2015 befristeten Erhöhung der EO-Beiträge sei eine Massnahme, die schnell greife und einfach umsetzbar sei. Zudem sei sie verkraftbar: «Mit dem heutigen Satz ist die EO längerfristig massiv überdotiert.»
Die Linken haben andere Pläne. Dort vermuten die Zuständigen, dass die Bürgerlichen versuchen, den Vaterschaftsurlaub zu versenken. Die Sozialkommission des Nationalrats nahm im Frühling gegen den Willen der Arbeitgeber eine parlamentarische Initiative von Martin Candinas (CVP/GR) an.
Sie verlangt einen zweiwöchigen Urlaub für Väter, der über die EO finanziert werden soll. Vor diesem Hintergrund fordert Doris Bianchi vom Gewerkschaftsbund, dass der Bundesrat die Beiträge bei 0,5 Prozent belässt. Die Belastung der EO werde auch durch den Mutterschaftsurlaub steigen, da die Geburtenrate zunehme und mehr Frauen berufstätig seien. Zudem sei die Reduktion für Firmen marginal.. Martin Candinas plädiert für einen Kompromiss: Er rechnet damit, dass ein Vaterschaftsurlaub auch mit einem EO-Beitrag von 0,45 Prozent verkraftbar wäre. (eis)