Zerstritten, planlos, peinlich
Chaos-Truppe Bundesrat

Der Brexit stellt Schneider-Ammann, Sommaruga und Burkhalter vor schwierige Herausforderungen. Ausgerechnet jetzt brechen alte Konflikte im EU-Dossier auf.
Publiziert: 28.06.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:01 Uhr
Bundesrat Didier Burkhalter, Bundesrätin Simonetta Sommaruga und Bundesrat Johann Schneider-Ammann – jeder kocht sein eigenes Süppchen.
Foto: PETER SCHNEIDER
Christoph Lenz und Christof Vuille

Allmählich legt sich der Staub, den das Brexit-Beben aufgewirbelt hat. Erkennbar wird nicht nur, in welch schwie­rige Lage sich die Briten manövriert haben. Sondern auch, wie planlos der Bundesrat reagiert.

Bundespräsident Johann Schneider-Ammann warb am Wochenende dafür, die Zuwanderungs-Initiative mit einem auf Regionen und Branchen ausgerichteten Schutzklauselmodell umzusetzen. Er hofft, so die EU umdribbeln zu können. Just dieses Konzept sei inkompatibel mit der Per­sonenfreizügigkeit, berichtete gleichentags die «NZZ am Sonntag». Sie stützte sich auf ein Gutachten aus Simonetta Sommarugas Justizdepartement.

Aussenminister Didier Burkhalter zeigte sich unbeeindruckt vom Brexit. Die EU und die Schweiz hätten nun Zeit für einen Deal. «Weshalb sollten wir nicht jetzt vorwärtsmachen?», sagte er zur «Schweiz am Sonntag».

Planlos, unkoordiniert, widersprüchlich: Seit dem Brexit ist der Bundesrat ein Panik­orchester. Das macht auch Aussenpolitikern Bauchweh. «Die letzten Tage haben bewiesen: Der Bundesrat hat keine koordinierte Strategie im EU-Dos­sier», sagt etwa CVP-Frau Kathy Riklin (ZH).

Tatsächlich fehlt dem Bundesrat aber nicht nur eine Strategie. Schneider-Ammann, Sommaruga und Burkhalter haben fundamentale Diffe­renzen bei der Frage, wie die Masseneinwanderungs-Initiative umgesetzt werden soll und was dabei für die Schweiz auf dem Spiel steht.

Sommaruga beharrt auf einer strikten Umsetzung der SVP-Volksinitiative. Notfalls will sie Kontingente und Inländervorrang einseitig einführen, was eine Kündigung der Bilateralen durch die EU zur Folge haben könnte. Ihr Kalkül: Je dramatischer die Folgen der Umsetzung erscheinen, desto eher wird das Volk bei einer neuerlichen Abstimmung für die Personenfreizügigkeit stimmen.

Nicht auf diesen Poker einlassen will sich Schneider-Ammann. Das primäre Interesse des Bildungsministers gilt ohnehin nicht der Masseneinwanderungs-Initiative. Schneider-Ammann will zunächst die Beteiligung der Schweiz am EU-Forschungsprogramm Horizon 2020 sichern. Dafür muss die Schweiz bis Ende Jahr die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien bewilligen. Genau diesen Vertrag hatte Verfassungshüterin Sommaruga schon 2014 auf Eis gelegt. Die beiden Berner Bundesräte scheinen unversöhnlich.

Erschwerend kommt hinzu, dass Aussenminister Didier Burkhalter seit Monaten ohne Absprache mit dem Gesamtbundesrat Optimismus verbreitet. Anfangs nahm man ihn ernst, nun hat der Wind gedreht. In Bern macht jetzt sogar ein Witz die Runde: Geht ein Journalist nach dem Ausscheiden der Schweiz an der Fussball-EM zu Didier Burkhalter und fragt: «Herr Aussenminister, wie beurteilen Sie die Leistung der Nati?» Burkhalter: «Wir können das Turnier immer noch gewinnen. Ich bin sehr optimistisch.»

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