Zehn Fragen und Antworten zur Zersiedelungs-Initiative
Schiessen die Mieten in die Höhe?

Am 10. Februar stimmen wir über die Zersiedelungs-Initiative ab. Eine erste Umfrage zeigt: Das Thema kommt an. Doch die wenigsten wissen bislang, um was es genau geht? BLICK beantwortet die zehn wichtigsten Fragen.
Publiziert: 21.12.2018 um 18:11 Uhr
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Aktualisiert: 05.02.2019 um 14:24 Uhr
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Die Jungen Grünen wollen mit ihrer Zersiedelungs-Initiative faktisch erreichen, dass in der Schweiz kein zusätzliches Bauland mehr eingezont wird.
Foto: Keystone
Andrea Willimann
Andrea WillimannBundeshaus-Redaktorin

Was bedeutet eigentlich Zersiedelung?

Von Zersiedelung ist die Rede, wenn sich Gemeinden und Städte ungeordnet ausdehnen und überall verstreut gebaut wird. Folgen sind ein übermässiger Landverbrauch und hohe Kosten, weil die Bauten mit Strassen sowie mit Wasser-, Strom- und Abwasserleitungen erschlossen werden müssen. 

Was will die Zersiedelungs-Initiative?

Die Volksinitiative «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung» der Jungen Grünen hat im Kern vier Ziele.

  • Erstens will sie die Gesamtfläche der Bauzonen einfrieren. Während einer unbestimmten Zeit gäbe es nur noch neue Bauzonen, wenn andernorts eine gleich grosse Landfläche von vergleichbarer Qualität als Bauzone aufgehoben wird.
  • Zweitens soll das Bauen ausserhalb der Bauzonen auf die notwendigen landwirtschaftlichen und standortgebundenen Bauten und Anlagen begrenzt werden.
  • Das dritte und das vierte Ziel der Vorlage betrifft das Bauen in bestehenden Zonen: So soll es künftig einfacher sein, verdichtet zu bauen. Allerdings nicht auf Kosten der Lebensqualität! Grünflächen sollen erhalten bleiben.

Stoppt nicht schon das neue Raumplanungsgesetz von 2013 die Zersiedelung?

Das ist die grosse Streitfrage! Die Befürworter der Initiative kritisieren, dass das heutige Gesetz den Gemeinden und Städten nach wie vor laufend wachsende Bauzonen erlaube, wenn bestehende Bauzonen überbaut seien. Das Volk müsse daher dem masslosen Verbrauch des Kulturlandes den Riegel vorschieben.

Die Gegner verweisen auf die Erfolge des Gesetzes und lehnen die «zu starren» Regeln der Initiative ab. Die Kantone seien daran, zu grosse Bauzonen zu verkleinern. Der Bodenverbrauch sei zudem seit 2012 um sechs Prozent pro Person gesunken, von 309 auf 291 Quadratmeter. 

Führt die Initiative zu einem Baustopp?

Nein. Aber die Baureserven wären etwa auf die Grösse des Kantons Schaffhausen (rund 400 Quadratkilometer) begrenzt, und es dürfte nicht mehr überall gebaut werden. Um neuen Raum zu schaffen, wären dichtere und höhere Bebauungen oder Abrisse von Bestehendem nötig.

Die Gegner befürchten dadurch höhere Kosten und wirtschaftlichen Schaden, wenn aus Platzmangel keine neue Unternehmen angesiedelt werden könnten. Sie prognostizieren sogar einen Jojo-Effekt: So könnte sich die Zersiedelung verstärken, wenn sich die Bautätigkeit dorthin verlagert, wo es noch Bauland gibt: nämlich in weniger gut erschlossene, abgelegene Orte.

Führt die Initiative zu steigenden Mietpreisen?

Die Mietpreise steigen an, wenn der Wohnraum knapp wird. Dieses Risiko bestreiten die Initianten jedoch mit Verweis auf die Landreserven und Möglichkeiten der baulichen Verdichtung.

Würden wegen der Initiative mehr Hochhäuser entstehen?

Es gäbe einen Trend zu höheren Bauten. Türme sind jedoch nicht überall möglich und unterliegen vielen Auflagen, was sie teuer macht.

Bestraft die Initiative Kantone und Gemeinden, die bisher sorgfältig mit dem Boden umgegangen sind?

Die fortschrittlichen Gemeinden werden von der Initiative weniger betroffen sein, weil sie ihre Siedlungsentwicklung bereits nachhaltig geplant haben. 

Dürften ausserhalb der Siedlungen keine neuen landwirtschaftlichen Gebäude oder Vereins-Clubhäuser mehr entstehen?

Doch. Die Initiative sieht Ausnahmen vor. So dürfte etwa ein Ruderklub ein Gebäude, das nur in Seenähe Sinn macht, weiterhin bauen. Vorhandene Bauten hätten ein Recht auf Fortbestehen. Auch bei Erneuerung.

Wer ist für die Initiative?

Für die Initiative haben sich neben den Grünen bislang nur Teile der SP ausgesprochen. Auch bei SVP-Sympathisanten geniesst sie teils Zustimmung. Wirtschaftsverbände sowie Bundesrat und Parlament sind jedoch klar dagegen. Der Nationalrat mit 143 zu 37 Stimmen bei 18 Enthaltungen, der Ständerat mit 34:3 Stimmen und 7 Enthaltungen. 

Und wie ist der aktuelle Trend?

Wäre am 7. Dezember abgestimmt worden, hätte das Stimmvolk die Zersiedelungs-Initiative mit 63 Prozent Ja angenommen. 29 Prozent der Befragten waren dagegen. Das Forschungsinstitut Gfs.bern betont jedoch, dass die Meinungsbildung aktuell noch wenig fortgeschritten ist.

Alle Abstimmungen auf einen Blick

Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.

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