Wie hast du es mit der «Ehe für alle»? Die Antwort auf diese Frage war für die CVP jahrzehntelang klar: Die Ehe soll Frau und Mann vorbehalten sein.
Doch der gesellschaftliche Wandel macht auch vor der Partei mit dem C keinen Halt: Und so mehrten sich in jüngster Zeit die Stimmen aus der Mittepartei, die sich einer Öffnung des Ehe-Begriffs für homosexuelle Paare nicht mehr ganz verweigern.
Jetzt liegt erstmals die Haltung der CVP schwarz auf weiss vor: Es sei an der Zeit, «dass die Schweiz nachzieht und ihre Gesetzgebung der gesellschaftlichen Realität anpasst». So formuliert es die Partei laut «NZZ am Sonntag» in ihrer Vernehmlassungsantwort zum Gesetzesentwurf. Die grosse Mehrheit der CVP unterstütze die Kernvorlage.
CVP-Pfister: Fraktion hat noch nicht entschieden
Doch Parteipräsident Gerhard Pfister (54) relativiert auf Anfrage von BLICK. Entschieden sei noch gar nichts, so der Zuger. Die Fraktion habe die Antwort noch nicht diskutiert, geschweige denn über die offizielle CVP-Haltung zur «Ehe für alle» abgestimmt.
Der grosse Zankapfel für die CVP ist die Kinderfrage. Dazu nimmt die Parteizentrale im Papier denn auch explizit keine Stellung. Begründung: Man sei der Ansicht, dass dieser Aspekt nicht zentraler Teil der Vorlage sei.
Zentral war er aber für die die Rechtskommission des Nationalrats: Sie sieht in einer Variante den Zugang zur Reproduktionsmedizin für gleichgeschlechtliche Paare vor – sprich Samenspende für lesbische Paare.
«Ehe für alle» mit oder ohne Adoptionsrecht?
BLICK weiss: CVP-Grössen wie Pirmin Bischof (60), Präsident der Wirtschaftskommission des Ständerats, sind zwar eher für die «Ehe für alle» – haben aber Mühe mit dem Adoptionsrecht.
Doch es rumore in der CVP-Fraktion, so der Obwaldner Nationalrat Karl Vogler (63, CSP), der dem liberalen Flügel angehört. «Noch vor wenigen Jahren wäre meine Haltung nicht mehrheitsfähig gewesen», sagt er gegenüber der «NZZ am Sonntag».
Auch die Luzerner CVP-Nationalrätin Andrea Gmür (54) ist im Pro-Lager und unterstützt das Adoptionsrecht. «Ich möchte nicht, dass jemand aufgrund der sexuellen Orientierung stigmatisiert oder diskriminiert wird», sagt sie. Trotzdem: Gmür ist gegen den Zugang zur Reproduktionsmedizin für lesbische und schwule Ehepaare.
Doch die konservativen Kräfte geben sich nicht geschlagen. So betont der Tessiner Nationalrat Marco Romano (36): «Die Ehe ist eine Union zwischen Mann und Frau.» Gleichgeschlechtliche Partnerschaften darf es für ihn zwar geben, «aber nur ausserhalb der Ehe».
Hintergrund: Weil die Volksabstimmung über die Abschaffung der Heiratsstrafe vom Bundesgericht für ungültig erklärt wurde, muss die CVP sich hier neu positionieren. Im ursprünglichen Text blieb die Ehe Mann und Frau vorbehalten – die Vorlage scheiterte auch deshalb knapp. Weitet die CVP die Definition aus, steigert sie bei einer Neuauflage der Abstimmung die Chancen für ein Ja.