Zank um Poststellen
CVP-Grössen lassen Leuthard im Stich

Zoff in der CVP: Auf der einen Seite Uvek-Chefin Leuthard und Post-Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller. Sie stehen hinter dem geplanten Postumbau. Auf der anderen Seite ihre Partei, die sich auf Gemeinde-, kantonaler und nationaler Ebene gegen die Poststellenschliessungen wehrt.
Publiziert: 06.10.2017 um 23:39 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:06 Uhr
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CVP gespalten:Grund für den Ärger sind die Pläne von Postchefin Ruoff, die Grundversorgung zu beschneiden.
Foto: Grafik: Igor Kravarik
Benedikt Theiler, Julien Duc und Sermîn Faki

Bei der Bevölkerung beliebt, in der Partei gefeiert: Bundespräsidentin Doris Leuthard (54) ist das Zugpferd der Christdemokraten. Doch geht es um die Schweizerische Post, hängt der CVP-Haussegen schief.

Post in CVP-Hand

Dabei sitzt die Partei an den Schalthebeln des gelben Riesen. Mit Leuthard ist eine ehemalige CVP-Präsidentin im Bundesrat für die Post zuständig. Deren Verwaltungsrat steht mit Präsident Urs Schwaller (64) ein anderer Christdemokrat vor. Auch die unabhängige Postkommission Postcom ist mit ihrem Präsidenten Hans Hollenstein (68) in CVP-Hand. Nur Post-Chefin Susanne Ruoff (58) ist nicht Mitglied der Christdemokraten – bekennt sich aber zur politischen Mitte.

Und doch knirscht es zunehmend im Gebälk der Service-public-Partei. Der Grund dafür sind die Pläne der Post, die Grundversorgung herunterzufahren. Im Sommer hatte das Unternehmen bekannt gegeben, dass bis 2020 das Aus für 456 Poststellen droht.

Alles Bitten nützt nichts

CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (SO).
Foto: Keystone

Das stösst CVP-Politikern sauer auf. Erst letzte Woche reichte der Solothurner Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (41) eine Motion ein, die eine langfristige Strategie für Poststellen und Postagenturen fordert. «Personal und Kunden werden zu oft vor vollendete Tatsachen gestellt», moniert er. Die Entscheidungswege zu Poststellenschliessungen seien zu intransparent. «Sie sind schwer nachvollziehbar und wirken dann willkürlich.» Die Post müsse besser kommunizieren, verlangt Müller-Altermatt.

Und in der Sommersession nahm der Nationalrat zwei Vorstösse von Viola Amherd (55) an, die eine bessere Erreichbarkeit von Poststellen in den ländlichen Regionen fordert. Obwohl Leuthard, Chefin des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uved), Amherd noch in der Debatte gebeten hatte: «Frau Nationalrätin, es wäre ein Sechser im Lotto, wenn Sie die Motion zurückziehen würden.»

CVP-dominierte Lobby

Doch stattdessen formiert sich immer mehr Widerstand. So wurde im Juli der Verband der Postagenturen gegründet – von zwei CVP-Politikern. Der Verband will die Agenturen, die als eigenständige Unternehmen Post-Leistungen erbringen, gegenüber dem Konzern vertreten.

CVP-Nationalrat Thomas Ammann (SG).
Foto: Keystone

Denn die Agenturbetreiber – kleine Lebensmittelläden oder Tankstellen – sind unzufrieden mit ihren Entschädigungen (BLICK berichtete). Diese fielen je nach Region unterschiedlich hoch aus und deckten nicht alle Aufwände, erklären sie. Sogar von Gratisarbeit ist die Rede.

Es könne nicht sein, dass Poststellen geschlossen würden und dann auch noch die Agenturen unter Druck gerieten, findet CVP-Nationalrat Thomas Ammann (53), der den Postagenturen-Verband präsidiert. «Man darf nicht alles der Wirtschaftlichkeit unterordnen», kritisiert er den gelben Riesen. «Die Grundversorgung muss gewährleistet sein.»

«Bevölkerung darf nicht übergangen werden»

Ammann setzt im Verbandsvorstand daher auf Mitglieder der für die Post zuständigen Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen. Die kommen zwar aus allen Parteien, aber die CVP ist doch mit gleich vier Mitgliedern vertreten.

Darunter auch Ständerätin Brigitte Häberli-Koller (59). Die Übervertretung der CVP sei zwar Zufall, behauptet sie. Aber: «Die Post verfolgt ihre Interessen als eigenständiges Unternehmen, der Bund seine als Eigner. Es ist wichtig, dass die Kantone und die Bevölkerung dabei nicht übergangen werden. Dafür kann – zum Glück – das Parlament sorgen.»

CVP-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller (TG).
Foto: Keystone

Häberli-Koller sagt, sie engagiere sich, weil die Postagenturen ein echter Ersatz für die ehemaligen Poststellen werden müssten – zum Nutzen der Bevölkerung. «Und hier besteht noch Verbesserungspotenzial.»

Auch in den Kantonen rumort es

Der Abbau im Poststellennetz hatte zuvor schon die kantonalen CVP-Sektionen auf die Palme gebracht. Etwa im Wallis, im Tessin und in Solothurn: Man könne und wolle diesen grossflächigen Abbau des Service public nicht hinnehmen.

Für Leuthard verheisst das nichts Gutes: Ihr stehen heftige Auseinandersetzungen mit ihrer Partei bevor – darüber, welche Strategie für die Post die richtige ist. Nächster Termin: Die Sitzung der ständerätlichen Kommission Mitte November, bei der ein ganzer Tag allein für die Postprobleme reserviert ist.

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