Neben den Bundesratswahlen wird die SVP-Selbstbestimmungs-Initiative (SBI) zum beherrschenden Politthema der nächsten Wochen. Sie will die Bundesverfassung als oberste Quelle des Rechts definieren. Was in der Schweizer Verfassung steht, soll immer höher gewichtet werden als das Völkerrecht – abgesehen von zwingenden internationalen Bestimmungen wie dem Folterverbot. Am 25. November wird abgestimmt.
Die Rechtspartei steht vor einer schwierigen Ausgangslage. Alle anderen Parteien, insbesondere auch der Wirtschaftspitzenverband Economiesuisse lehnen ihr Anliegen ab. Sie warnen vor Rechts- und Planungsunsicherheit, die den exportorientierten Unternehmen in der Schweiz schaden könnten.
Lammfromm statt mit tretenden Schafen
In den nächsten Tagen präsentiert die SVP ihre Werbekampagne, mit der sie den Urnengang gewinnen will. Die Sujets, die SonntagsBlick exklusiv vorliegen, wirken ungewohnt: Wer die berühmt-berüchtigten weissen Schäfchen erwartet, die einem schwarzen einen Tritt verpassen, Minarette, die zu Raketen mutieren oder gar schwarze Hände, die nach Schweizer Pässen greifen, dürfte überrascht sein.
Die neuen Motive kommen völlig harmlos daher. Eine nachdenkliche junge Frau hält ein Ja-Schild. Daneben (Foto oben rechts) in sanftem Orange die Aussage «Ja zur direkten Demokratie – ja zur Selbstbestimmung». Die SVP wird nicht erwähnt – selbst das Sünneli-Logo fehlt auf der Anzeige. Ein Nationalrat meinte lächelnd, das Inserat erinnere ihn an die Postfinance.
«Wir wollen einen sachlichen Abstimmungskampf»
Kampagnenchef Thomas Matter (52): «Wir halten die Botschaft bewusst simpel. Denn die Fragestellung ist ganz einfach: Wer hat in der Schweiz das Sagen – die Bürger mit der direkten Demokratie oder internationale Richter und Organisationen?» Wer auf Erstes mit Ja antworte, könne der Initiative nur zustimmen. «Deshalb ist auch keine aggressive Kampagne wie in früheren Fällen nötig. Wir wollen einen sachlichen Abstimmungskampf», so der Zürcher Nationalrat, ein Parteileitungsmitglied.
Haudrauf-Werber Alexander Segert (55), der die umstrittenen Plakate der Vergangenheit erdacht hatte und damit rechtspopulistische Parteien in ganz Europa beeinflusste, kam nicht zum Zug. Er war wohl der falsche Mann für den neuen Softie-Kurs. Den aktuellen SVP-Auftritt verantwortet eine neue Agentur, die Berner Komet. Sie zählt auch Firmen wie die Migros, die Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn oder die Berner Young Boys zu ihren Kunden.
«David gegen Goliath»
Wie man es von der SVP gewohnt ist, gibt die Partei nicht bekannt, wie viel Geld sie für die Ausmarchung investieren will. «Es ist aber ein Kampf David gegen Goliath», deutet Matter an. Schon die Economiesuisse allein werde Millionen einsetzen. Was den Unternehmer besonders ärgert: «Bei der Abstimmung Energiestrategie 2050 konnte man sich nicht einmal zu einer Parole durchringen. Jetzt geht es um eine staatspolitische Frage, und der Verband engagiert sich mit allen Mitteln für ein Nein.» Das sei unglaubwürdig.
Der Kampf um die Selbstbestimmungs-Initiative dürfte auch unabhängig von der Werbekampagne hitzig werden.
Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.
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