Zürich ist das Flaggschiff der rot-grünen Wohnpolitik. Hier werden 6600 Wohnungen subventioniert, Baugenossenschaften gefördert, städtische Liegenschaften unter Marktwert vermietet. Das Ziel ist gesellschaftliche Durchmischung: Die Metropole an der Limmat soll, wie es offiziell heisst, «attraktive Wohnstadt für alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen» sein.
Im freien Wohnungsmarkt jedoch, der die Immobilienpreise in die Höhe treibt und die soziale Spaltung beschleunigt, wittert man einen Gegner.
Verantwortlich für das Dossier ist der Grünen-Stadtrat Daniel Leupi (52). Als Finanzvorstand waltet er über das städtische Immobilienwesen. Zudem präsidiert er die Stiftungen Für bezahlbare und ökologische Wohnungen und Wohnungen für kinderreiche Familien. Bezahlbares Wohnen war im Frühling ein Kernthema in Leupis Wahlkampf.
Doch neben Leupi, dem Politiker, gibt es auch noch Leupi, den Hausbesitzer. In der Rolle des Vermieters scheint ihm bezahlbares Wohnen, wie ein Wohnungsinserat offenbart, nicht ganz so wichtig zu sein.
157 Quadratmeter für 5080 Franken
Auf dem Internetportal Homegate ist das Objekt in Zürich-Wollishofen zur Miete ausgeschrieben. Fünfeinhalb Zimmer, 157 Quadratmeter, Erdgeschoss, Gartensitzplatz. «Mit Charme und Komfort.» Der stolze Preis: monatlich 5080 Franken inklusive Nebenkosten.
Als Kontakt ist die Firma Liveg Immobilien angegeben. Eigentümer aber sind seit 2002 Exekutivpolitiker Leupi und seine Ehefrau. Sie leben beide in dem Dreifamilienhaus.
Die Faustregel «ein Tausender pro Zimmer» gilt in der Branche für Neubauten oder Objekte an Toplagen wie Zürichberg und Seefeld, nicht aber im mittelständischen Wollishofen.
Jedenfalls widerspricht der Preis Leupis Politik: Seine Partei moniert auf ihrer Internetseite, dass auf dem freien Markt «Wohnungen zu unanständig hohen Preisen angeboten» werden. Zudem empfiehlt die Schuldenberatung, nicht mehr als ein Drittel des Bruttoeinkommens fürs Wohnen auszugeben – Leupis Objekt wäre demnach ideal für eine Familie mit einem Einkommen von 15’000 Franken.
Dazu passt das Inserat. Zielgruppe sind nicht velofahrende Sozialarbeiter, sondern zahlungskräftige Expats. In Deutsch und Englisch sind nahe gelegene Standorte der Zurich International School aufgeführt.
Leupi: «Gerechtfertigt und branchenüblich»
Auf Anfrage räumt Leupi gegenüber SonntagsBlick ein, dass der Mietzins «hoch» sei, aber aufgrund der Lage, des Ausbaustandards und der Grösse «gerechtfertigt und branchenüblich».
Mit den erzielten Einnahmen werde eine Totalsanierung des rund 80-jährigen Hauses amortisiert, die 2011 vorgenommen werden musste. Leupi: «Die während Jahrzehnten unterlassenen Sanierungen führen zu einem grossen Kostenblock.»
Zuvor habe man die Wohnungen «während fast zehn Jahren zu sehr günstigen Mietzinsen vermietet, unter anderem an das Jugendwohnnetz». Zeitweise sei «das halbe Haus» von Studentinnen und Studenten bewohnt gewesen.
Überdies betont Leupi, er vermiete die Wohnung in seiner Liegenschaft «nicht im Auftrag der Stadt, sondern als Privatperson». Auch wenn der Grünen-Stadtrat jährlich rund 245’000 Franken verdient – das Haus sei Teil seiner Altersvorsorge: «Somit muss ich auch sicherstellen, dass ich die getätigten Investitionen über meine Zeit im Stadtrat refinanzieren kann. Jeder Hauseigentümer handelt so. Alles andere wäre fahrlässig und kann in den Privatkonkurs führen.»
Zielgruppe Besserverdiener
Wie aber verträgt sich das mit den Parolen «soziale Durchmischung» und «Wohnraum für alle Segmente»? Wird so die Stadt für alle Schichten bewohnbar gemacht? Leupis Antwort: In Zürich gebe es auch Menschen, die besser verdienen und sich Wohnungen im mittleren und höheren Preissegment leisten können. «Die Wohnung in unserer Liegenschaft richtet sich nach der erfolgten Totalsanierung zwangsläufig an diese Zielgruppe.»
Als Zürichs Säckelmeister tritt Leupi als Pragmatiker auf. Seine Freunde dürften auch den Widerspruch zwischen seiner Wohnpolitik und seinem privaten Handeln «pragmatisch» finden.
Andere werden sagen: inkonsequent.
Marcel Odermatt, Politikredaktor, über den Stadtrat Leupi als Vermieter
Seit Jahren regiert in der Stadt Zürich die Linke. Mit klaren Vorstellungen, wie sich der Mensch zu benehmen hat: Sie oder er fährt Velo, verzichtet auf ein eigenes Auto, ernährt sich möglichst fleischfrei und jubelt über alles Multikulturelle. Was nicht schlecht ist.
Der wichtigste Fetisch aber – zumindest der Regierenden – ist der soziale Wohnungsbau. Bei jedem Bauprojekt, auf das die Politik Einfluss nehmen kann, fordern sie einen hohen Anteil von Gemeinnützigkeit und Millionensubventionen vom Staat.
Auch das ist nicht a priori schlecht, sondern sogar begrüssenswert. Es hilft unterschiedlichen Einkommensgruppen, in der Limmatstadt leben zu können. Was aber dann doch erstaunt: Sind keine öffentlichen Gelder im Spiel, agieren die gleichen Linken plötzlich wie hundskommune, renditegetriebene Kapitalisten.
Der oberste Wohnbauförderer von Zürich, Finanzvorstand Daniel Leupi, besitzt im Stadtteil Wollishofen ein Mehrfamilienhaus an guter, aber nicht exklusiver Lage. Damit will der Grüne offensichtlich Kasse machen. 5080 Franken Bruttomiete muss bezahlen, wer in die Fünfzimmerwohnung einziehen will! Leisten kann sich das wohl kaum eine Familie, höchstens gut betuchte Doppelverdiener.
Doppelt dumm wäre, wenn die beiden auch noch keine Kinder hätten. Zwei Personen für eine 157 Quadratmeter grosse Wohnung – damit würde Leupi gleich auch noch seine ökologische Haltung verraten. In einem Appartement dieser Grösse sollten mindestens vier, besser fünf Menschen leben.
Marcel Odermatt, Politikredaktor, über den Stadtrat Leupi als Vermieter
Seit Jahren regiert in der Stadt Zürich die Linke. Mit klaren Vorstellungen, wie sich der Mensch zu benehmen hat: Sie oder er fährt Velo, verzichtet auf ein eigenes Auto, ernährt sich möglichst fleischfrei und jubelt über alles Multikulturelle. Was nicht schlecht ist.
Der wichtigste Fetisch aber – zumindest der Regierenden – ist der soziale Wohnungsbau. Bei jedem Bauprojekt, auf das die Politik Einfluss nehmen kann, fordern sie einen hohen Anteil von Gemeinnützigkeit und Millionensubventionen vom Staat.
Auch das ist nicht a priori schlecht, sondern sogar begrüssenswert. Es hilft unterschiedlichen Einkommensgruppen, in der Limmatstadt leben zu können. Was aber dann doch erstaunt: Sind keine öffentlichen Gelder im Spiel, agieren die gleichen Linken plötzlich wie hundskommune, renditegetriebene Kapitalisten.
Der oberste Wohnbauförderer von Zürich, Finanzvorstand Daniel Leupi, besitzt im Stadtteil Wollishofen ein Mehrfamilienhaus an guter, aber nicht exklusiver Lage. Damit will der Grüne offensichtlich Kasse machen. 5080 Franken Bruttomiete muss bezahlen, wer in die Fünfzimmerwohnung einziehen will! Leisten kann sich das wohl kaum eine Familie, höchstens gut betuchte Doppelverdiener.
Doppelt dumm wäre, wenn die beiden auch noch keine Kinder hätten. Zwei Personen für eine 157 Quadratmeter grosse Wohnung – damit würde Leupi gleich auch noch seine ökologische Haltung verraten. In einem Appartement dieser Grösse sollten mindestens vier, besser fünf Menschen leben.