Die klimaneutrale Energieversorgung der Schweiz werde sich in Zukunft hauptsächlich auf einheimische Wasserkraft und Photovoltaik abstützen, heisst es im neuen Übersichtsbericht der Akademien der Wissenschaften Schweiz, der am Donnerstag in Bern vorgestellt wurde. Letztere müsse stark ausgebaut werden und um mindestens ein Gigawatt pro Jahr steigen.
Ausserdem könnten erneuerbare Brennstoffe im Winter das dritte Standbein für die Stromproduktion bilden. Dazu gehörten zum Beispiel Wasserstoff oder synthetische Brenn- und Treibstoffe wie Methan oder Methanol. Deren Produktion verlange jedoch einen sehr grossen zusätzlichen Stromkonsum und wäre in der Schweiz selber nur mit sehr hohen Kosten und Umweltfolgen realisierbar.
Sie könnten aber in Regionen kostengünstig produziert werden, wo es extrem sonnig ist oder viel Wind hat, wie zum Beispiel in Nordafrika oder im Nahen Osten. Solche zukünftigen Importe müssten schon heute über längerfristige Abkommen geplant und diese Länder davon überzeugt werden, dass sich die Investitionen lohnten, sagte Urs Neu, der Leiter der Energiekommission der Akademien der Wissenschaften auf Anfrage.
Für die Erreichung des Netto-Null-Ziels bis 2050 braucht es gemäss dem Bericht dringend Fortschritte in fünf Bereichen: So müsse die Nachfrage nach Energiedienstleistungen durch die Endverbraucher verringert werden, wie zum Beispiel die Senkung der Raumtemperatur oder die Reduktion der beheizten Flächen. Angesprochen sei hierbei die Bevölkerung.
Die Effizienz von Geräten, Maschinen, Industrieprozessen oder Autos müsse erhöht werden. Dazu gehörten auch die Gebäudesanierungen und eine Erhöhung der CO2-Abgabe für fossile Brennstoffe durch die Politik. Weiter müssten die fossilen Brennstoffe durch erneuerbare Energiequellen ersetzt werden.
Auch das Recycling von Materialien in allen Bereichen müsse forciert werden. Und schliesslich müssten Technologien zum Einsatz kommen, die das CO2 durch chemische oder biologische Prozesse aus der Atmosphäre entfernen und permanent speichern könnten. Hier sei die Forschung gefordert. Durch den Einsatz von erneuerbarem synthetischem Kerosin dürfte auch der Flugverkehr bis 2050 das Netto-Null-Ziel erreichen.
All diese Schritte müssten unbedingt zeitlich aufeinander abgestimmt werden. Denn wenn zum Beispiel Wärmepumpen vor der Gebäudesanierung installiert würden, ginge der Strombedarf «durch die Decke».
Die Transformation weg von der fossilen hin zu einer Netto-Null-Energieversorgung bis 2050 bedinge einen ganzheitlichen Ansatz. Wichtig sei dabei eine kohärente Energiepolitik, bei der die verschiedenen Energieträger und -speicher sowie die Wärme-, Strom- und Brennstoffnetze zusammen betrachtet würden.
Werde das Vorgehen über alle Energiesektoren hinweg koordiniert, so sei eine sichere Energieversorgung mit netto Null Treibhausgasemissionen bis 2050 realisierbar, sind die Forscher überzeugt.
(SDA)