BLICK: Ist die Übernahme von Schweizer Firmen durch chinesische – etwa Syngenta, Gategroup, SR Technics – für die Schweiz problematisch?
Peter V. Kunz: Nein, ich erachte dies – grundsätzlich – nicht als Problem, weil die Schweiz eine offene Volkswirtschaft ist. Syngenta, Gategroup und SR Technics sind Privatunternehmen, die dem Spiel der Marktkräfte ausgesetzt sind und – in einer liberalen Ordnung – ausgesetzt sein müssen.
Welche volkswirtschaftlichen Risiken bestehen, wenn Know-how durch Firmenverkäufe verloren geht?
Know-how geht nicht verloren, indem die Eigentümer der Unternehmungen wechseln, sondern wenn die Unternehmungen aus der Schweiz abziehen; ein solcher Transfer ins Ausland ist mit Know-how-Verlust und mit Arbeitsplatzabbau verbunden. Insofern muss dafür gesorgt werden, dass die Schweiz als attraktiver Standort – auch für chinesische Unternehmen – erhalten bleibt.
Muss die Politik dennoch aktiv werden, um den Ausverkauf zu bekämpfen?
Für strategische Schlüsselindustrien für die Schweiz – etwa Telekommunikation, Energieinfrastruktur oder «Too big to fail»-Banken könnte ein Abwehrgesetz diskutiert werden. Sollte es kein solches geben, könnte beziehungsweise müsste der Bundesrat bei einer Übernahme mittels Notrecht intervenieren, was durchaus möglich wäre. Im Übrigen sehe ich keinen politischen Handlungsbedarf.
Die EU diskutiert ein Gesetz, um Chinas Einkaufstour abzuwehren. Chinesische Investitionen sollen verboten werden, wenn sie dank staatlicher Subventionen zustande kommen oder europäische Firmen keine Investitionschancen in China erhalten. Ein sinnvoller Ansatz?
Die Ideen der EU scheinen mir zu schwammig zu sein. Ich bin eher skeptisch. Bei Staatsverträgen muss zwar generell auf Gegenseitigkeit der Investitionstätigkeit bestanden werden. Realistisch darf jedoch die Verhandlungsmacht der Schweiz gegenüber China nicht überschätzt werden. Zudem sollte das Freihandelsabkommen mit China nicht gefährdet werden. Insofern spielt die EU natürlich in einer anderen Liga.