SVP-Bundesrat Guy Parmelin (60) macht sich Sorgen um die Corona-gebeutelte Schweizer Wirtschaft. «In den Strassen gibt es zwar wieder mehr Leute, aber der Konsum kommt nur zögerlich in Gang», sagt der Wirtschaftsminister im Interview mit der «NZZ am Sonntag». Restaurants und Läden seien leider oft noch halb leer.
«Ich hoffe auf eine möglichst rasche Normalisierung, damit die Wirtschaft wieder auf Touren kommt», sagt Parmelin. Jetzt würden die konjunkturellen Aspekte in den Vordergrund rücken. Dabei seien alle sieben Bundesräte gefordert.
Bewilligte Projekte schneller vorantreiben
Die Landesregierung will deshalb mittel- und langfristig der Wirtschaft weitere Anreize verschaffen, um die Konjunktur zu beleben. Zu diesem Zweck wolle der Bundesrat ein Paket von Massnahmen lancieren. Da sei auch die öffentliche Hand gefragt. Der Staat könne zum Beispiel bereits bewilligte Projekte schneller vorantreiben, um den Firmen eine Perspektive zu geben, sagt Parmelin. Das gelte namentlich für Infrastrukturprojekte.
Auch wolle der Bundesrat seinen Spielraum nutzen und bei öffentlichen Ausschreibungen Schweizer Firmen soweit möglich bevorzugen. Das Massnahmenpaket solle so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden. Das sei nur schon psychologisch wichtig, damit die Leute wieder Zuversicht schöpfen könnten.
Zugang zu den Absatzmärkten sicherstellen
Parmelin zeigt sich überzeugt, dass Freihandelsverträge nach der Krise noch wichtiger werden. Wenn multilaterale Organisationen wie die WTO blockiert seien und grosse Mächte wie die USA sich stärker abschotteten, müsse der Bund über Freihandelsverträge sicherstellen, dass die Schweizer Industrie Zugang zu den Absatzmärkten behalte.
Als weitere Massnahme nannte der Wirtschaftsminister ferner die Abschaffung der Industriezölle, über die der Nationalrat im Juni entscheiden wird. Er hoffe ganz allgemein auf eine möglichst rasche Normalisierung, damit die Wirtschaft wieder auf Touren komme.
Rasch zurück zur Normalität – aber vorsichtig
«Wir müssen möglichst rasch aus dem Notrecht aussteigen und uns zugleich gegen eine zweite Welle wappnen», sagt Parmelin weiter. Zum Beispiel gelte es unbedingt zu verhindern, dass die Lohnbeiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer erhöht werden müssten. Das würde die Kaufkraft mindern. Das bedinge aber zusätzliche Bundesmittel.
Zur Höhe der Bundesmittel macht Parmelin allerdings keine Angaben. Der Direktor der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich, Jan-Egbert Sturm, rechnet damit, dass die Corona-Krise ein Loch von 20 Milliarden Franken in die Arbeitslosenversicherung reissen könnte. Der Lohnabzug müsste dadurch von heute 2,2 um 0,3 Prozent steigen.
«SVP-Initiative ist der falsche Weg»
Und zu guter Letzt spricht sich Parmelin gegen die Begrenzungsinitiative seiner SVP aus, welche eine Kündigung der Personenfreizügigkeit anstrebt. Er sei wie der Gesamtbundesrat gegen das Volksbegehren, «weil wir darin eine Gefahr für unseren Standort sehen», sagt der SVP-Magistrat. «Wir sehen jetzt gerade wieder, wie wichtig es ist, dringende Fragen international zu koordinieren.» Für den Bundesrat sei die Initiative der falsche Weg. (SDA/dba)