Wil SG ist die Heimat von KKS, Reimann, «Bier-Bösch»
Biotop für grosse Karrieren – und politische Irrfahrten

Wil könnte mit Karin Keller-Sutter in den Bundesrat einziehen. Die St. Galler Kleinstadt ist ein politisches Epizentrum: Gleich drei Bundesparlamentarier wohnen dort. Andere Wiler Karrieren verliefen weniger erfolgreich.
Publiziert: 11.10.2018 um 18:04 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 14:43 Uhr
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Zeigte dem SonntagsBlick 2014 ihr Wil – unter anderem den Stadtweier: FDP-Bundesratskandidatin Karin Keller-Sutter.
Foto: Daniel Ammann
Nico Menzato

Von Wil aus werde sie nie etwas. Das wurde Karin Keller-Sutter (54) einst beschieden. Es kam anders – und kommt höchstwahrscheinlich noch besser: Die aktuelle Ständeratspräsidentin aus dem St. Galler Städtchen Wil hat beste Chancen, zur Bundesrätin gekürt zu werden.

Wil ist ein regelrechtes politisches Epizentrum, ein Biotop für grosse Politkarrieren. Bis 2015 kamen vier Bundesparlamentarier aus dem 24'000 Einwohner zählendem Städtchen. So viele wie aus keiner anderen vergleichbaren Stadt. 

KKS, Reimann, Gysi, Gilli

Neben Keller-Sutter waren dies SVP-Nationalrat Lukas Reimann, SP-Vizepräsidentin Barbara Gysi (54) und die Grüne Yvonne Gilli (61). Letztere wurde vor drei Jahren überraschend abgewählt, weshalb drei Wiler im Bundesparlament verblieben. Auch das ist für eine Kleinstadt unerreichter Rekord.

Das war nicht immer so. Bis 2007 blieb Wil – «ein als Stadt getarntes Dorf», wie es das «St. Galler Tagblatt» beschreibt – beinah vier Jahrzehnte lang ohne Vertretung in Bundesbern. Ist die jetzige überproportionale Vertretung nur Zufall? Nicht nur. Der Ort sei «schon immer ein lebendiges politisches Pflaster» gewesen, sagte Keller-Sutter 2015 zur «NZZ».

Stadtparlament «ideales Lernfeld»

1985 wurde das Stadtparlament eingeführt. Keller-Sutter, Gilli und Gysi: Alle drei machten dort ihre ersten politischen Gehversuche. Für Gysi sei es das «ideales Lernfeld» gewesen. Die Debatten seien «grundsätzlich offen und breit geführt» worden. Gilli meinte einst, den niederschwelligen Einstieg in die Politik habe sie als fördernd erlebt.

Doch die Wiler Politik brachte auch schon sehr fragwürdige Personen hervor – in der SVP. 2001 gab es parteiintern einen derartigen Streit, dass der damalige SVP-St.-Gallen-Präsident Toni Brunner (44) die Ortspartei und alle Mitglieder aus der Kantonalpartei ausschloss.

Rassismus und «Bier-Bösch»

2015 der nächste Knall: Der damalige Fraktionschef der Wiler SVP, Mario Schmitt, wurde wegen mehrfacher Rassendiskriminierung verurteilt.

Und da ist auch noch «Bier-Bösch»: Die Wiler Lokalpolitikerin Sarah Bösch erlangt 2015 nationale Bekanntheit, als sie mit 0,8 Promille am Steuer von der Polizei angehalten wurde – und dann auf der Polizeiwache via Facebook über die Polizei motzte. Ihren Führerschein war Bösch sofort los, die SVP-Fraktionsmitgliedschaft nur wenig später auch. Jetzt lebt sie in St. Gallen.

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