Viele in der SVP hielten ihn für den idealen Nachfolger von Albert Rösti (52, BE), den abtretenden Präsidenten der Partei: Spätestens seit der Sommersession wurde der Rheintaler Roland Rino Büchel (54) in der Partei als künftiger Chef gehandelt.
Nicht wenige starke Figuren aus der Bundeshausfraktion wurden beim Sportmanager vorstellig, der seit zehn Jahren Nationalrat und Mitglied des Europarats ist, und baten ihn, auch wirklich anzutreten.
Und ohne dass Büchels St. Galler Kantonalpartei ihn offiziell nominiert hatte, streckte auch die Findungskommission der SVP die Fühler nach ihm aus. Denn die Zeit drängt: Ein halbes Jahr, nachdem Rösti seinen Rückzug erklärt hat, ist immer noch offen, wer die SVP durch die neue Legislatur führen soll.
«Einfach nicht möglich»
Der so oft Genannte kommentierte die Gerüchte nie. Er sprach sich lediglich dafür aus, dass die Partei ihren Delegierten eine Kandidatenauswahl präsentieren müsse. «Jeder Präsident startet gestärkt ins Amt, wenn er sich in einer Wahl durchsetzt», betont Büchel noch heute. Er gehört allerdings definitiv nicht zu dieser Auswahl: «So sehr mich das Präsidium der SVP reizt, es ist einfach nicht möglich.»
Hinter seiner Absage stehen keine politischen Motive. Der Vater einer siebenjährigen Tochter hätte die Führung der grössten Partei des Landes auch mit seinen familiären Verpflichtungen vereinbaren können.
Nein, Büchel nimmt sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem Rennen. «Ich hatte Netzhautablösungen an beiden Augen, musste mehrmals operiert werden», sagt er. Und schiebt sogleich nach: «Das ist kein Drama, ich bin beruflich und politisch voll belastbar.» Aber der Knochenjob eines Parteichefs liege nicht drin. Zu diesem Schluss ist er nach mehreren Gesprächen mit Spezialisten gekommen. Der Findungskommission hat Büchel noch vor einem ersten Treffen abgesagt: «Es gibt viel zu tun in der Partei. Das verträgt sich nicht mit ungeplanten Behandlungen und Ruhephasen.»
Als Chef für Übergangsphase geeignet
Der St. Galler ist dabei nicht ohne Wehmut: «Ganz ehrlich? Ja, ich hätte mir das Amt zugetraut.» Mit seiner Erfahrung aus Beruf und Politik wäre er als Chef für eine Phase des Übergangs geeignet gewesen, bis in drei oder vier Jahren die nächste Generation ans Ruder kommt. «Gerne hätte ich mich dieser Herausforderung gestellt, der wohl grössten in meinem Leben.»
Gross wird die Herausforderung sicher für jeden, der sie am Ende annimmt. Die Begrenzungs-Initiative, die die Kappung der Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union verlangt, kommt laut Umfragen im Volk gar nicht gut an. Damit droht der SVP am 27. September auf ihrem zentralen Themenfeld eine schmerzhafte Niederlage.
In der Klimapolitik tritt die Rechtspartei mit ihrem Referendum gegen das CO2-Gesetz, welches das Parlament im September verabschieden dürfte, ebenfalls alleine an. «Gerade diese zwei Vorlagen zeigen doch, wie wichtig unsere Position ist und welche Chance sich der SVP bieten», so Büchel. «Mit der nun notwendigen Arbeit an der Basis kommt der Wahlerfolg zurück.»
Grenzen wieder schärfer gezogen
Der St. Galler ist überzeugt: Nach den Wahlen vom letzten Jahr werden auch im bürgerlichen Lager die Grenzen zur politischen Konkurrenz wieder schärfer gezogen. Das nütze der SVP, die traditionell pointierter auftritt.
Vielleicht hilft es auch ihrem künftigen Chef – sobald er denn feststeht. Offiziell haben bisher lediglich die Parlamentarier Alfred Heer (58, ZH) und Andreas Glarner (57, AG) Interesse bekundet. Auch die Aargauer Nationalrätin Martina Bircher (36, AG) führt Gespräche.
Aber die Findungskommission wartet weiter zu, sie unterstützt bislang offiziell keine der Kandidaturen. An der Präsidenten-Wahl Ende August will die SVP festhalten.