Das Staatssekretariat für Migration hat am Mittwoch bestätigt, die vorläufige Aufnahme von 3200 Eritreern überprüfen zu wollen. Warum und seit wann sind die eigentlich hier? Und wie viele werden das Land schlussendlich verlassen müssen? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen rund um Eritrea.
Der Bund will die Dossiers von 3200 Eritreern überprüfen, um sie zurückzuschicken. Warum?
Gemäss Gesetz muss das Staatssekretariat für Migration (SEM) bei allen vorläufig aufgenommenen Asylsuchenden – also jenen, die kein Asyl erhalten, aber dennoch nicht in ihre Heimat zurückgeschickt werden können – regelmässig überprüfen, ob ihr Aufenthalt immer noch gerechtfertigt ist. Zu dieser grossen Aktion kommt es jetzt, weil das Bundesverwaltungsgericht letztes Jahr entschieden hat, dass eine Rückkehr nach Eritrea nicht mehr per se unzumutbar ist.
Wie viele Eritreer leben in der Schweiz?
Es sind ungefähr 30'000, viele haben Asyl erhalten oder eine ganz normale Aufenthaltsbewilligung. Mit einer vorläufigen Aufnahme leben hier etwa 9400 Eritreer.
Warum werden nur 3200 Fälle überprüft?
Dass nur etwa ein Drittel aller vorläufig Aufgenommenen überprüft werden, hat damit zu tun, dass es auch Gründe gibt, die eine Rückkehr verunmöglichen. So dürften all jene Eritreer, die zu Hause noch den theoretisch unbefristeten Nationaldienst absolvieren müssen, ausgeschlossen sein. Diese Dienstpflicht hat nichts mit dem Militärdienst hierzulande zu tun. Einige müssen zwar in die eritreische Armee, andere müssen quasi Zwangsarbeit leisten. Auch gesundheitliche Gründe und das Risiko, daheim Folter ausgesetzt zu sein, schliessen eine Rückweisung aus.
Wie viele werden tatsächlich ausreisen?
Das ist schwer zu sagen. Denn Zwangsausschaffungen sind nicht möglich, weil sich Eritrea weigert, diese Leute zurückzunehmen. Sie müssten also freiwillig gehen. Das werden nur die wenigsten tun. Die meisten werden laut Fachleuten in die Illegalität abtauchen. Daher werden die Behörden – der Vollzug der Wegweisung liegt bei den Kantonen – auf eine Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche setzen: So können sie den ausreisepflichtigen Eritreern bis zu 4000 Franken Rückkehrhilfe anbieten. Oder sie für eine Zeit in Administrativhaft nehmen. Zudem erhalten die Eritreer, die die Schweiz verlassen sollen, statt Sozialhilfe nur noch Nothilfe. Das ist deutlich weniger Geld. Um den Anreiz, freiwillig auszureisen, zu erhöhen, schlägt Toni Locher, Honorarkonsul des eritreischen Staates in der Schweiz, laut «20 Minuten» eine grosszügige Rückkehrhilfe von 15’000 Franken vor.
Was machen andere Länder?
Die Schweiz beweist sich mit dieser Wegweisungsaktion als asylpolitischer Hardliner. Zwar hat Deutschland ebenfalls eine ähnlich harte Regelung, setzt diese aber nicht so konsequent um. Auch Grossbritannien wollte Eritreer zurückschicken, wurde aber von den eigenen Gerichten zurückgepfiffen. Holland, wo ebenfalls viele Eritreer leben, interessiert sich gemäss SEM allerdings sehr dafür, wie die Schweiz mit den Eritreern umgeht.
Seit wann und warum sind eigentlich so viele Eritreer bei uns?
In Eritrea herrscht seit 1991 eine Krise. Zum einen befindet sich das Land in einem Konflikt mit dem Nachbarn Äthiopien. Und innenpolitisch sieht es nicht viel besser aus. Seit 1998 müssen alle Eritreer ins Militär, praktisch ohne Sold und ohne Aussicht darauf, je wieder entlassen zu werden. Viele sterben im Militärdienst an Malaria, an Mangelernährung oder schlicht an Erschöpfung. Wer desertiert, wird ohne Verfahren weggesperrt und drakonisch bestraft. Die Schweiz gehört zu den beliebtesten Fluchtländern der Eritreer. Einerseits wegen der gut gelegenen Fluchtroute via Libyen und Italien, andererseits weil in der Schweiz schon eine bestehende Gemeinschaft aus Eritreern vorhanden ist.
Waren Schweizer Politiker schon mal in Eritrea?
Bundesräte waren noch keine in Eritrea. Aussenminister Ignazio Cassis (56) überlegt sich eine Reise in das Land, hat sich aber noch nicht entschieden. 2016 allerdings reiste eine Gruppe Schweizer Parlamentarier nach Eritrea, darunter die Aargauer SP-Nationalrätin Yvonne Feri (52), die damalige grüne Aargauer Regierungsrätin Susanne Hochuli (52), der Waadtländer CVP-Nationalrat Claude Béglé (68), SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (39) und der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (36).