Heute Morgen haben sich die Aussenpolitiker des Nationalrats in Bern zum Brexit-Krisengipfel getroffen. Auch die Vertreter der aussenpolitischen Kommission des Ständerats waren zur grossen «Chropfleerete» eingeladen. Rund vier von ihnen konnten den Termin wahrnehmen.
Bei der rund dreistündigen Sitzung waren nicht nur hochrangige Vertreter der Staatssekretariate für Wirtschaft (Seco) und Migration (SEM) anwesend. Auch Aussenminister Didier Burkhalter und EU-Chefunterhändler Jacques de Watteville standen den Parlamentariern Red und Antwort.
Der Bundesrat als Gremium musste dabei auch heftige Kritik an seiner Kommunikationsstrategie und Führungsqualität einstecken, berichtet ein Ratsmitglied. Offiziell hätten die Aussenpolitiker die «Wichtigkeit eines geeinten Auftretens des Bundesrates gegen aussen und eine klare, einheitliche Kommunikation im Dossier der Europapolitik» betont, heisst es in einer Mitteilung.
Grundsätzlich sei die Auseinandersetzung zwar hart, aber auch konstruktiv gewesen, berichten Sitzungsteilnehmer.
Burkhalter habe auch in der Kommission optimistisch gewirkt und sei überzeugend aufgetreten, meint ein politischer Gegner. Offenbar liegen dem Bundesrat aktuell keine konkreten Hinweise vor, dass sich am Fahrplan bezüglich Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative etwas ändern soll.
Von Seiten der Verwaltung drang der Wunsch an die Politiker, dem Bundesrat den Rücken zu stärken. Dem Vernehmen nach betonten Burkhalter und co. aber auch, dass sich die Situation relativ rasch verändern könne. Womöglich innert Stunden.
Am Donnerstag folgt bereits die nächste Krisensitzung: Die staatspolitische Kommission des Nationalrats berät die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative. Nach dem Brexit will die SP in die Offensive gehen. Und einen Gegenvorschlag zur so genannten Rasa-Initiative lancieren. Die Initiative verlangt die Streichung des am 9. Februar 2014 vom Volk angenommenen SVP-Verfassungsartikels.
Der Gegenvorschlag, den SP-Chef Christian Levrat und Fraktionschef Roger Nordmann in den letzten Tagen skizzierten, soll den Zuwanderungs-Artikel abschwächen – damit die Personenfreizügigkeit nicht geopfert werden muss. Ob die Linke damit durchkommt, ist allerdings höchst fraglich. Die Planspiele kämen zu früh, nun gehe es zuerst darum, ein Ausführungsgesetz zur Masseneinwanderungs-Initiative zu formulieren, sagen mehrere Politiker.
In welche Richtung dieses gehen könnte, ist weiterhin völlig offen: Diskutiert wird eine einseitige Schutzklausel, diverse Formen eines Inländervorrangs und die von der SVP geforderten Kontingente. Alles ist und bleibt abhängig davon, ob und was für ein Deal der Bundesrat mit Brüssel herausholen kann.
Einen Entscheid der staatspolitischen Kommission ist denn auch nicht zu erwarten. Die Politiker werden die heisse Kartoffel wohlweislich vor sich herschieben – und erst bei der nächsten Sitzung Ende August erste Entscheide fällen. Bis dann, so die Hoffnung, ist endlich klar, ob es einen EU-Deal gibt.