Widerstand gegen Rahmenvertrag wächst
Das Abkommen stösst nicht nur der SVP sauer auf

Die Rechtspartei wehrt sich mit Händen und Füssen gegen den Vertrag mit der EU. Und auch die politische Mitte sträubt sich.
Publiziert: 20.01.2019 um 00:37 Uhr
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Aktualisiert: 20.01.2019 um 00:39 Uhr
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SVP-Parteichef Albert Rösti (r.) stösst mit Bundespräsident Ueli Maurer an.
Foto: Jessica Keller
Marcel Odermatt und Simon Marti

Ausgerechnet die EU-Gegner der SVP sollen jetzt das vertrackte Verhältnis mit der Union wieder ins Lot bringen. Mit Bundespräsident Ueli Maurer (68) und Wirtschaftminister Guy Parmelin (59) sind gleich beide Vertreter der Rechtspartei in die Konsultationen involviert, die von der Landesregierung jetzt lanciert worden sind, um das anvisierte ­institutionelle Rahmenabkommen (InstA) irgendwie noch ins Ziel zu bringen.

In den nächsten Wochen und Monaten werden die Aussenpolitischen und die Wirtschaftskommissionen des Parlaments, die Konferenz der Kantonsregierungen, die politischen Parteien mit Fraktionsstärke, die Sozialpartner, die Wirtschaft und Vertreter der Wissenschaft angegangen.

Das Abkommen ist «nicht annehmbar»

Doch die beiden Exponenten haben einen klaren Auftrag. Die SVP hat ihre zwei Bundesräte ins Gebet genommen, wie Parteichef Albert Rösti (51) am Freitagabend an der SVP-Albisgüetli-Tagung gegenüber SonntagsBlick bestätigt. «Zum Jahreswechsel hat die Partei mit Bundespräsident Maurer und Bundesrat Parmelin über das Verhältnis Schweiz-EU diskutiert», sagt der Berner Nationalrat.

In Anbetracht der Tatsache, dass die beiden SVP-Exponenten im Bundesrat bei den Konsultationen stark eingebunden sein werden, habe die Partei ihre grundsätzliche Ablehnung des InstA bekräftigt. Und die Position ist laut Rösti klar: «In dieser Form ist ein Rahmenabkommen für uns nicht annehmbar. Wir fordern Nachverhandlungen mit Brüssel.» Eine dynamische, also automatische Übernahme von EU-Recht sei für keinen SVPler denkbar. «Egal, in welcher Funktion er politisiert.»

Damit ist klar: Wollen Maurer und Parmelin ihre eigene Partei nicht enttäuschen, müssen sie alles tun, damit das InstA scheitert. Da dürfte es auch Economiesuisse schwer haben, die aktiv für das Abkommen kämpft. Diese Woche machten die Wirtschaftskapitäne bei Parmelin ihre Aufwartung. Viel erreicht haben sie dem Vernehmen nach nicht.

In der CVP wächst die Kritik am Abkommen

Im Windschatten dieser Ablehnung versuchen auch die anderen bürgerlichen Parteien Position zu beziehen. Den Anfang machte 
gestern Samstag die CVP. Die Fraktion beugte sich zwei Tage lang im Tessin über das InstA. Die Bundesparlamentarier gehen auf Distanz. Man erachte den Entwurf «in 
seiner jetzigen Form als nicht 
geeignet und nicht mehrheits­fähig».

Ausgerechnet die CVP. Die Partei, die mit Doris Leuthard (55) noch jene Bundesrätin stellte, die im Siebnergremium am meisten für das Abkommen kämpfte und immer wieder betonte, wie zentral ein Ja für die Schweizer Wohlfahrt sei. Heute überwiegt die Kritik.

Vier «Handlungsfelder mit Diskussions- und Klärungsbedarf» hat die Partei ausgemacht. Die Funktion des Europäischen Gerichtshofs soll «präzisiert» werden. Die Unionsbürgerrichtlinie soll explizit ausgeschlossen werden. Die Souveränität der Kantone dürfe nicht tangiert werden. Viertens verlangt die CVP, dass das aktuelle Schutzniveau mit den flankierenden Massnahmen ­erhalten bleiben soll.

Schweiz und EU müssten profitieren

Geht es nach der Mittepartei, hat der Bundesrat einiges nach­zuverhandeln. Ob das Wunschdenken oder realistisch ist, wird sich in den nächsten Monaten ­zeigen. SVP-Rösti geht auf jeden Fall bereits einen Schritt weiter: «Für die SVP müssen neue 
Alter­nativen wie ein erweitertes Freihandelsabkommen geprüft werden.»

Wenn bei den Nachverhandlungen nicht über die grundsätzlichen Eckwerte des Rahmenabkommens diskutiert werden könne, stimme die Partei dem Vertrag nie zu. Und: «Ich erwarte, dass unsere Bundesräte diese Haltung auch nach Brüssel tragen», so Rösti. Bundespräsident Maurer ist bereits im Modus der Partei. Im Interview mit SonntagsBlick sagt er: «Man muss eine Win-win-Situation schaffen: Die EU muss profitieren und die Schweiz muss profitieren. Im Moment, mit diesem Abkommen, profitiert die Schweiz zu wenig.»

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