Wer holt den Sitz von Schneider-Ammann?
Keller-Sutter liegt vorn, Männer lauern

Die St. Galler Ständerätin ist die massgeschneiderte Nachfolgerin von Johann Schneider-Ammann: Sie hat Regierungserfahrung, ist super vernetzt, ist eine Frau und kommt aus der Ostschweiz. Diverse Ständeräte lauern in der zweiten Reihe.
Publiziert: 25.09.2018 um 14:40 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 11:08 Uhr
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Haushohe Favoritin für die Nachfolge von Bundesrat Schneider-Ammann: Karin Keller-Sutter.
Foto: Keystone / GIAN EHRENZELLER
Nico Menzato

Die Medienkonferenz von Johann Schneider-Ammann hatte noch nicht einmal begonnen, da hörte man in der Wandelhalle nur noch einen Namen: Karin Keller-Sutter (54). Die St. Galler Ständerätin gilt als logische Nachfolgerin des abtretenden FDP-Wirtschaftsministers. Sie selbst wollte sich nicht äussern. Heute sei der Tag von Bundesrat Schneider-Ammann, sagte sie zu BLICK.

Eigentlich kann es nur eine geben

Die Spekulationen um die Papabili haben dennoch begonnen. Und Keller-Sutter ist hier in der klaren Pole-Position. Mehr noch: Sie scheint die massgeschneiderte Nachfolgerin zu sein. Als langjährige St. Galler Regierungsrätin hat sie viel Exekutiverfahrung. Als Ständerätin ist sie im Bundeshaus bestens vernetzt und überaus geschätzt.

Zudem hat sie das richtige Geschlecht: Die FDP kann es sich nicht leisten, dass für Schneider-Ammann keine Frau gewählt wird. Seit dem Rücktritt von Elisabeth Kopp (81) – im Jahr des Berliner Mauerfalls – hatte der Freisinn keine Bundesrätin mehr. Auch kommt die Wilerin aus der richtigen Gegend. Die Ostschweiz ist nämlich seit 2010 nicht mehr im Bundesrat vertreten.

Schmid als Frauenverhinderer

Dennoch: Bundesratswahlen kennen ihre eigenen Gesetze und hin und wieder scheitern die klaren Favoriten überraschend. Keller-Sutter, so heisst es, wird nur antreten, wenn ihre Wahlchancen gross sind. Eine erneute Niederlage nach der Schlappe 2010 gegen Schneider-Ammann will sie um jeden Preis verhindern. Damals verweigerten ausgerechnet die Linken, die nun laut nach einer besseren Vertretung der Frauen in der Regierung schreien, der «eisernen Lady» die Unterstützung.

Heute hat Keller-Sutter bei der Linken einen guten Ruf, dafür bei der SVP an Goodwill verloren. Weil sie stets betonte, wie gut sie mit SP-Ständerat und Gewerkschaftsboss Paul Rechsteiner (66) zusammen arbeite. Und dadurch den SVP-Ständerat Toni Brunner (44) verhinderte. Dies ist eine Gefahr für die ausgebildete Dolmetscherin: Wenn sie von der grössten Fraktion im Bundeshaus, der SVP, nicht unterstützt würde, könnte es eng werden.

Der grösste Stolperstein heisst Martin Schmid (49). Der Bündner Ständerat mit seinem betont rechten Profil könnte der Traumkandidat der SVP sein. Über eine mögliche Kandidatur wollte sich Schmid gestern nicht äussern.

Linke sucht linke FDPlerin

Doch auch Keller-Sutter hat ein klares FDP-Profil. Was der Linken natürlich gar nicht passt. Das rechte Bollwerk mit zwei SVPlern und zwei strammen FDPlern im Bundesrat wäre auf Jahre hinaus zementiert. Deshalb wird sich die Linke auf die Suche nach einer Kandidatin machen müssen, die ein linksliberales FDP-Profil aufweist, wie es der im letzten Jahr zurückgetretene Didier Burkhalter (58) aufwies.

Das Problem: Viel solches Personal mit zumindest Aussenseiterchancen gibt es nicht. Im Bundesrat kursiert derzeit einzig der Name der Zürcher Regierungsrätin und langjährigen Präsidentin der FDP Frauen, Carmen Walker Späh (60). Sie werde in den nächsten Wochen mit der Partei eine Auslegeordnung vornehmen, heisst es in ihrem Departement auf Anfrage.

Aussenseiterchancen haben auch einige Männer aus der Zentralschweiz, die wie die Ostschweiz kein Mitglied der Regierung stellt: Zu nennen sind etwa die Ständeräte Hans Wicki (54, NW), Damian Müller (33, LU) oder Josef Dittli (61, UR).  Auch der Appenzeller Ständerat Andrea Caroni (38) wird genannt.

Geht auch Leuthard Ende Jahr?

Gute Chancen auf den Einzug in die Regierung hingegen hätte FDP-Präsidentin Petra Gössi (42). Doch die Schwyzerin dürfte nicht antreten, was sie auch schon mehrfach betonte. Sie will und muss ihre Partei in die Wahlen vom kommenden Jahr führen.

Ganz neu gemischt würden die Karten bei einer Doppelvakanz – wenn also CVP-Bundesrätin Doris Leuthard (55) mit Schneider-Ammann Ende Jahr gehen sollte. Dann würde nämlich am 5. Dezember zuerst der CVP-Sitz neu besetzt. Und falls dann eine Frau – oder ein Ostschweizer – das Rennen macht, wäre Keller-Sutters Chance urplötzlich geringer.

Amherd, Fässler und Candinas

CVP-Vize-Fraktionschefin Viola Amherd (56) ist hier eine Anwärterin, auch wenn sie aus dem Wallis kommt. Aus der richtigen Gegend hingegen käme der Innerrhoder Landammann und Nationalrat Daniel Fässler (58). Er betont aber, er wolle nicht Bundesrat werden.

Ständerat Stefan Engler (58) kann wegen seiner Tätigkeit als Bündner Baudirektor und seiner Rolle im Baukartell-Skandals kaum mehr ein glaubwürdiger Bundesrat werden. Da drängt sich eher ein anderer Bündner auf: Nationalrat Martin Candinas (38). Doch er gilt einigen für eine Wahl als zu jung und zu wenig führungserfahren.

Bleibt in der Ostschweiz noch der St. Galler Regierungsrat Benedikt Würth (50). Doch Regierungsräte haben es in Bundesbern erfahrungsgemäss schwer, die Wahl in die Landesregierung zu schaffen.

Dennoch: Karin Keller-Sutter hat einen steinigen Weg vor sich.

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