Mitte September sprachen Bund, Kantone und Sozialpartner auf Einladung von Bundespräsident Johann Schneider-Ammann über Massnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Nur die hauptsächlich Betroffenen sassen nicht am Tisch: die Frauen. Auch vor die Presse traten im Anschluss sechs Herren in Anzug und Krawatte.
Bei Parlamentarierinnen aller Couleur kam das gar nicht gut an (BLICK berichtete). Sie wollten daher von Wirtschaftsminister Schneider-Ammann wissen, ob der Bundesrat es zeitgemäss findet, wenn sich im 21. Jahrundert sechs Männer zu einem «Frauenproblem» äussern.
Schneider-Ammann: Nicht nur Frauen betroffen
Die Antwort von Schneider-Ammann war allerdings nicht geeignet, die Wogen zu glätten. Der Wirtschaftsminister teilte den Frauen mit, dass sich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sich nicht ausschliesslich auf Frauen beziehe. Zweitens habe er den Frauendachverband Alliance F regelmässig konsultiert. Drittens habe es sich bei diesem Spitzentreffen nicht um eine Verhandlungsrunde, sondern um einen Informationsaustausch gehandelt.
Das hat die Frauen nur noch mehr in Rage gebracht. In einem Brief, der BLICK vorliegt, fordert die parlamentarische Frauengruppe Schneider-Ammann auf, den «kommunikativen Fauxpas» auszubügeln und die Anliegen der Frauen endlich «konkret zu beantworten». Sie sei enttäuscht von der Antwort, sagt Co-Präsidentin Rosmarie Quadranti (BDP, ZH). Und ihre Amtskollegin Yvonne Feri (SP, AG) ergänzt: «Das unsensible Vorgehen ist nicht entschuldbar.»
Nur als Zuhörerinnen geduldet
Besonders regt die Frauen auf, dass Schneider-Ammann schrieb, dass Alliance F zudem gezielt zum Spitzentreffen eingeladen wurde – und durch die grüne Nationalrätin Maya Graf (BL) auch vertreten war. «Eine Ausrede!», empört sich diese.
Zwar sei sie dabei gewesen, aber im Publikum und nicht als Teilnehmerin am Runden Tisch, wie die Frauenorganisation das seit Jahren fordert. «Wir konnten weder ein Referat halten noch eines der Modelle vorstellen, die unsere Mitglieder erarbeitet haben.»
«Schneider-Ammann meint es nicht ernst»
Dabei, so Quadranti, seien die Zeiten, als Frauen nur zuhören durften, vorbei. «Die Herausforderungen können nur gemeisam gelöst werden.» Beim Lösen der Herausforderungen hat sich Schneider-Ammann jedoch nicht Ruhm bekleckert, findet Feri: «Leider hat sich der Bundesrat bis jetzt zu wenig für die Frauen auf dem Arbeitsmarkt eingesetzt», sagt sie. «Es scheint leider so, als wäre es Herrn Schneider-Ammann mit der Gleichstellung gemäss Bundesverfassung nicht sehr ernst.»