Weil die Resultate nicht passen
Gewerkschaften verheimlichen Service-public-Studie

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund beauftragte im Rahmen der Service-public-Initiative eine Studie, die die Folgen einer Zustimmung untersuchen sollte. Das Ergebnis wurde nie veröffentlicht, da es den Bossen nicht gefiel.
Publiziert: 23.05.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 18:50 Uhr
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Rechtsprofessor Andreas Stöckli hat die Folgen der Service-public-Initiative untersucht.
Foto: Uni Basel
Christof Vuille und Marcel Odermatt

Neben guten Argumenten sind Studien eines der wichtigsten Mittel in Abstimmungskämpfen. Komitees geben sie bei Wissenschaftlern in Auftrag und präsentieren sie, um die eigene Position zu stärken. Dumm nur, wenn die Untersuchung nicht die gewünschten Resultate liefert.

Das passierte dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) im Rahmen der Service-public-Initiative, die er bekämpft. 2013 beauftragten die Gewerkschaftsbosse um Präsident und SP-Ständerat Paul Rechsteiner den Rechtsprofessor Andreas Stöckli (33) mit einer Untersuchung. Er sollte herausfinden, was die Folgen einer Zustimmung wären. Das tat der Experte für öffentliches Wirtschaftsrecht. Doch seine Ergebnisse sahen das Licht der Öffentlichkeit nie. Der Sohn von SP-Ständerat Hans Stöckli präsentierte sie Vertretern der Post- und Eisenbahngewerkschaft, der Unia und des SGB. In der rund 30 Seiten umfassenden, ausführlich recherchierten Präsentation kommt er zum Schluss, dass ein Ja Teilprivatisierungen «unattraktiv» machen würde. Und er glaubt, dass Quersubventionierungen innerhalb der betroffenen Unternehmen «tendenziell zunehmen» würden.

Studienergebnis besagt das Gegenteil

Im Argumentarium des SGB heisst es aber, dass das «Verbot» der Quersubventionierung «verheerend» sei und Privatisierungen drohten – das Gegenteil der Untersuchungsergebnisse des von ihm beauftragten Experten.

Stöckli, der damals an der Universität Freiburg arbeitete, forscht und lehrt mittlerweile in Basel. Er wollte sich gegenüber BLICK nicht zu seiner Studie äussern, ging aber zu seinen Erkenntnissen nicht auf Distanz.

Beim SGB war die Nervosität allerdings gross. Der Draht zu Stöckli soll heiss gelaufen sein. Offiziell versucht man die Sache herunterzuspielen. «Ich teile die Einschätzung von Andreas Stöckli nicht, dass mit der Initiative die Gefahr von Teilprivatisierungen geringer würde», sagt die geschäftsführende Sekretärin Dore Heim. Grundsätzlich hänge aber viel davon ab, wie das Parlament die Initiative umsetzen würde.

Im Übrigen handle es sich nicht um eine Studie, sondern bloss um eine Präsentation zu einem Referat. Das Dokument habe Stöckli nicht freigegeben, behauptet sie. Fakt ist: Der SGB hat kein Wort über die Auftragsarbeit verloren.

Bei den Initianten reibt man sich auf Anfrage die Augen. «Es ist nicht aufrichtig und irreführend gegenüber ihren Mitgliedern und dem Stimmvolk, was die Gewerkschaften da gemacht haben», findet Peter Salvisberg. Die Gegner bekämpfen die Initiative weiter an allen Fronten. Heute tritt der Bieler Stadtpräsident Erich Fehr (SP), seinerseits Nachfolger von Hans Stöckli, an einer Medienkonferenz dagegen an.

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