Die Schweiz hat das Pariser Klimaabkommen unterschrieben. Damit hat sie sich verpflichtet, ihre Treibhausgas-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 zu halbieren. Helfen soll dabei das CO2-Gesetz, über das wir am 13. Juni abstimmen. Umfragen deuten darauf hin, dass es in der Bevölkerung eine Mehrheit findet. Vor allem aber: Hinter dem Ziel, die Erderwärmung zu begrenzen, stehen alle.
Alle? Nein! Wie Blick aufdeckte, gehört die Schweizerische Nationalbank (SNB) nicht dazu. Sie pocht auf ihre Unabhängigkeit und investiert – anders als ihr Präsident Thomas Jordan versprochen hatte – weiterhin in Kohleförderer. Faktisch hintertreibt die SNB damit die Klimapolitik des Bundes. Und ihr Chef macht sogar falsche Versprechungen dazu.
SP-Chef zieht Schraube an
Das lässt das Parlament nicht auf sich beruhen. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (35) macht klar, dass seine Partei dafür sorgen wird, dass Jordan bei einer der zuständigen Parlamentskommissionen antanzt und sich erklärt. Während für den grünen Umweltpolitiker Bastien Girod (40) schon viel gewonnen ist, «wenn wir dem CO2-Gesetz zustimmen, dank dessen die SNB ihre Risiken in diesem Bereich wenigstens deklarieren muss», geht das Wermuth viel zu wenig weit.
«Unabhängigkeit heisst nicht Verantwortungslosigkeit», sagt der Genosse. Für ihn ist klar, dass die SNB sich nicht aus der Verantwortung stehlen kann. Entweder mache auch die Nationalbank beim Klimaschutz mit, oder man werde sie mit Gesetzespräzisierungen dazu zwingen.
GLP-Fischer will Jordan zur Rede stellen
Auch GLP-Finanzpolitiker Roland Fischer (56) findet, dass sich die SNB als Teil des Bundes den Schweizer Klimazielen unterzuordnen hat. Auch er will von Jordan wissen, wie es dazu kommen konnte, dass die SNB dem Versprechen ihres Präsidenten nicht Folge leiste.
Dabei hätte die Schweiz mit ihrer starken Finanzindustrie einen starken Hebel in der Hand, um umweltfreundliche Investitionen zu befördern. Doch die SNB macht höchstens halbherzig mit. Dabei zählt die Nationalbank weltweit zu den grössten Investoren. Mit ihren Devisenanlagen im Wert von 951 Milliarden Franken hat sie ein gewichtiges Instrument in der Hand, um die Finanzflüsse klimaverträglich zu gestalten.
SNB investiert weiter in Ölriesen
Nun zeigt sich, die Aussagen Jordans sind mit Vorsicht zu geniessen. Nur aus fünf kleineren Kohlebau-Firmen ist die SNB bis Ende 2020 ausgestiegen. Und: Grosskonzerne wie Exxon Mobil, Chevron, Shell und BP sind vom angeblichen Ausstieg aus der fossilen Energie nicht betroffen. Dabei sind diese vier Multis zusammen für zehn Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen seit 1965 verantwortlich.