In den letzten fünf Jahren wurden in der Schweiz knapp 700 Sicherheitsfirmen gegründet, vom privaten Wachdienst bis zum Anbieter von Überwachungs- und Alarmsystemen. Die Sicherheitsbranche boomt also.
Regeln, an die diese Firmen sich halten müssen, fehlen aber vielerorts. Besonders in der Deutschschweiz. Anders als in der Romandie gibt es östlich der Saane kein Konkordat, das einheitliche Mindestanforderungen aufstellt und regelt, was ein Angestellter einer Sicherheitsfirmen können muss, welche Ausbildung er braucht oder ob er vorbestraft sein darf.
Für den IS rekrutiert
In einigen Kantonen brauchen die Anbieter nicht einmal eine Bewilligung – obwohl sie in einem heiklen Bereich tätig sind. Wozu das führen kann, zeigt ein Fall im Tessin: Dort wird ein Angestellter einer Sicherheitsfirma verdächtigt, Personal für den IS zu rekrutieren. Pikant: Die Firma hatte vom Kanton einen Auftrag zur Bewachung von Asylzentren.
Dass Handlungsbedarf besteht, bestreitet daher kaum jemand. Dennoch beerdigte Konferenz der Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) ein geplantes Konkordat (BLICK berichtete). Einigen Kantonen waren die Anforderungen zu hoch, zu kompliziert, zu teuer.
Den «Wildwuchs» stoppen
Nun wird die Forderung nach einer Regulierung auf Bundesebene laut. Paul SP-Ständerat Paul Rechsteiner (65) reichte kürzlich eine Motion ein, die den Bundesrat auffordert, endlich tätig zu werden.
«Weil immer mehr Sicherheitsaufgaben an private Dienstleister delegiert werden, wächst die Branche enorm», sagt der St. Galler. Dabei sei es zu einem «Wildwuchs mit entsprechenden Risiken» gekommen, der unbedingt gestoppt werden müsse. Denn die Sicherheitsdienstleistungen würden das staatliche Gewaltmonopol tangieren.
«Wenn aus Kostengründen selbst von Kantonen private Firmen eingesetzt werden, müssen diese zumindest von Staat definierte Kriterien erfüllen», fordert er.
Unterstützung von den Kantonen
Support erhält Rechsteiner von den Kantonen. Die KKJPD wünschte sich schon im Frühling, dass der Bund landesweit geltende Regeln aufstellt, wie Präsident Hans-Jürg Käser (68) damals zu BLICK sagte: «Zwei unterschiedliche Konkordate, die nicht einmal alle Kantone umfassen, sind eine schlechte Lösung», so der Berner Regierungsrat. Damit gebe es nur weiterhin Wildwuchs. «Eine einheitliche Lösung auf Bundesebene wäre der bessere Weg.»
Bisher lehnt der Bundesrat diese aber ab. Eine Motion von Rechsteiners Parteikollegin Priska Seiler Graf (49) beantwortete er negativ. Es sei an den Kantonen, eine Regelung zu finden.
Rechsteiner hofft, dass nach dem definitiven Konkordats-Aus ein Umdenken in der Landesregierung einsetzt. «In der kleinräumigen Schweiz braucht es kantonsübergreifende Regeln – insbesondere im Sicherheitsbereich», sagt er und ist gutes Mutes, dass seine Kollegen im Stöckli das ebenso sehen.