Der Bundesrat steht in seinem Kampf gegen die Roaming-Insel Schweiz an. Während in der EU Roaming kein Thema mehr ist, zieht sich hierzulande die Revision des Fernmeldegesetzes hin. Doch das Parlament macht nun Druck gegen die Abzocke von Schweizern, die im Ausland telefonieren, SMS schreiben oder surfen und dafür teuer bezahlen müssen.
Vergangene Woche hat die zuständige Nationalratskommission den Vorstoss «Tschüss Roaming-Insel Schweiz» von CVP-Frau Elisabeth Schneider-Schneiter (54) überwiesen. Eine ähnlich lautende Motion der Baselbieter Nationalrätin wird voraussichtlich nächsten Dienstag im Nationalrat diskutiert. «Das ist ein Riesenerfolg in meinem jahrelangen Kampf gegen zu hohe Roaming-Gebühren», freut sie sich. «Der Bundesrat erhält hoffentlich endlich einen klaren Auftrag.»
Roaming-Abkommen steht wieder zur Diskussion
Zur Senkung der Roaming-Preise plant der Bundesrat im Fernmeldegesetz verschiedene Massnahmen. Die wichtigste: internationale Roaming-Abkommen. Eines mit der EU hat FDP-Aussenminister Ignazio Cassis (56) vergangene Woche wieder ins Spiel gebracht.
Ein Roaming-Vertrag brächte viele Vorteile. Damit die Tarife für die Endkunden purzeln, braucht es zwischen den Staaten Abkommen über Grosshandelstarife. Diese werden mit den Mobilfunkanbietern ausgehandelt.
Schneider-Schneiter hat dem Bundesrat weitere Ideen geliefert. Sie gibt ihm freie Hand, wie er das Roaming-Problem löst. Aber: «Ein Roaming-Vertrag würde ein Rahmenabkommen mit der EU für alle attraktiv machen», sagt Schneider-Schneiter, die als Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats vorsteht. Denn dann sehe jeder Schweizer einen Vorteil.
Widerstand von der SVP
In der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) gibt es auch Widerstand dagegen, zu schnell und zu viel Druck zu machen. Dies zeigt das Abstimmungsresultat von 13 Ja- und 6-Nein-Stimmen bei 5 Enthaltungen. Gegner des Geschäfts sind mehrheitlich ausgerechnet SVP-Mitglieder, die sonst gerne gegen Abgaben und Gebühren wettern. Ihnen passt nicht, dass der Bundesrat das Roaming-Problem mit einem Abkommen mit der EU lösen will. «Ist die EU involviert, sagen viele grundsätzlich Nein», sagt Kurt Fluri (62), FDP-Roaming-Experte in der KVF.
SVP-Kommissionsmitglied Natalie Rickli (41) widerspricht: «Ein rascher Vertrag mit der EU in diesem Bereich ist völlig unrealistisch, wenn wir die übergeordneten Probleme in der Zusammenarbeit betrachten.» Einige der neun SVP-Mitglieder der KVF hätten Schneider-Schneiters Vorstoss keine Folge gegeben, weil die Preise der Anbieter bereits deutlich gesunken seien und es neue Flatrate-Angebote inklusive Roaming gebe.
«Um den Druck aufrechtzuerhalten, haben andere SVP-Mitglieder sowie ich diese parlamentarische Initiative in einer ersten Phase unterstützt», so Rickli weiter. Im Fokus stehe aber für die SVP, eine Lösung im Rahmen der Fernmeldegesetz-Debatte zu finden. Dazu habe sie Anträge eingereicht. So soll etwa die Offenlegung der Marge helfen, die Roaming-Preise nochmals zu senken.
Tourismus-Verband stört sich an erneuter Verzögerung
Zu den grössten Befürwortern eines Roaming-Vertrags gehören Parlamentarier aus Tourismus-Regionen sowie der Schweizer Tourismus-Verband (STV). Denn unsere hohen Roaming-Gebühren schrecken auch ausländische Gäste ab: Sie kommen womöglich nie mehr, wenn sie zu Hause eine überhöhte Rechnung vorfinden.
«Wir sind daher über jeden Anlauf für tiefere Roaming-Gebühren froh», sagt STV-Direktorin Barbara Gisi (50). «Ein rasches Roaming-Abkommen brächte die Lösung für alle – Schweizer und Touristen – und müsste eigentlich auch EU-Skeptiker überzeugen.»