Weil der Geheimdienst Wind bekommen hatte
Der Putsch war eine Frühgeburt

Vor einem Jahr erlebte die Türkei eine der blutigsten Nächte. Vermutlich mussten die Aufständischen den Putsch vorzeitig einleiten, weil der Geheimdienst davon Wind bekommen hatte.
Publiziert: 15.07.2017 um 17:50 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 15:57 Uhr
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Zivilisten stoppen die Soldaten auf einer Bosporus-Brücke.
Foto: AFP
Guido Felder

Der Putschversuch in der Türkei beginnt am 15. Juli 2016 um 22 Uhr: Als Erstes sperren Militärangehörige die Bosporus-Brücke in Istanbul mit Lastwagen und Panzern. Putschisten fliegen in Helikoptern und Kampfjets über die Stadt, sie nehmen Polizisten unter Beschuss, Bomben werden gezündet. Bald sind öffentliche Einrichtungen wie Flughafen und Fernsehsender unter Kontrolle der Putschisten. Um 23 Uhr eröffnen die Aufständischen das Feuer gegen Zivilisten, die sich ihnen in den Weg stellen.

Erdogan wandte sich via Facetime ans Volk

Präsident Erdogan spricht kurz nach Mitternacht von seinem Ferienhotel in Marmaris aus via Facetime auf CNN Türk. Dieser Aufruf zur «Verteidigung der Demokratie» stärkt den Widerstand gegen die Putschisten. Immer mehr Bürger strömen auf die Strassen. Um 1.39 Uhr trifft sich das Parlament zu einer Versammlung, kurz darauf wird das Gebäude bombardiert. Wenige Stunden, nachdem Erdogan um drei Uhr von seinen Ferien zurückkehrte, geben in Istanbul die ersten Putschisten auf. Sie werden verprügelt und abgeführt. Kurze Zeit später kapitulieren sie auch in Ankara. Am Samstag um etwa 8.30 Uhr ist der Putsch definitiv gescheitert. 

Was wusste der Geheimdienst?

Der Zeitpunkt des Putschbeginns ist aussergewöhnlich. Um vier Uhr morgens hätte man das Volk besser überraschen können. Man geht davon aus, dass der Geheimdienst Wind bekommen hatte und die Putschisten zu einer Frühgeburt schreiten mussten.

Es war nicht der erste Putsch in der Türkei: Das Militär putschte schon 1960, 1971, 1980 und 1997.

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