Die Eidgenossenschaft hätte gerne den Fünfer und das Weggli. Der Mann, der beides beschaffen soll, ist ihr Bundespräsident. Zu diesem Zweck weilt Ueli Maurer gerade in Peking. Der Fünfer ist der chinesische IT-Konzern Huawei, der in der Schweiz Grosses plant. Das Weggli ist das Freihandelsabkommen mit den USA, auch das eine grosse Sache. Doch der Reihe nach.
Vor einem Jahr war die damalige Bundesrätin Doris Leuthard zu Besuch bei Huawei in Shenzhen, als der Handy-Riese sie mit der Nachricht überraschte, in Zürich, beziehungsweise Lausanne Forschungs- und Entwicklungszentren einzurichten; die Verträge mit den Hochschulen stünden kurz vor der Unterschrift.
Es geht um mehr als Peanuts. Von einem Volumen um die 100 Millionen Franken war die Rede. Von vielen Jobs ebenfalls.
Freihandelsabkommen mit den USA in Gefahr?
Nur: Seither herrscht verdächtige Funkstille. Unterschrieben wurde, wie Recherchen von SonntagsBlick zeigen, bisher nichts. Auf Nachfrage gibt sich die ETH bedeckt, man sei mit Huawei in Kontakt, werde in den nächsten Monaten dazu kommunizieren.
Offensichtlich warten die Schweizer Vertragspartner ab. Recherchen von SonntagsBlick zeigen auch, warum: Sie fürchten sich vor den Amerikanern. Denn wenn es um das Reich der Mitte geht, reagiert Washington höchst empfindlich. Zwischen den USA und China ist immer noch so etwas wie ein Handelskrieg im Gange. Und Amerika behauptet, Huawei werde von Peking dazu benutzt, Spionage zu treiben, Know-how und Daten abzusaugen. Vorläufiger Höhepunkt des Konflikts war die Festnahme von Huaweis Finanzchefin in Kanada auf Drängen der USA.
Die Befürchtung hierzulande: Wenn die Schweiz zu offenkundig mit den Chinesen paktiert, könnten die Amerikaner sich weigern, ein Freihandelsabkommen mit der Schweiz abzuschliessen.
Schweiz setzt auf Diskretion
Um weder auf den Fünfer noch das Weggli verzichten zu müssen, setzt die Schweiz daher auf Diskretion. Jüngst waren die Chinesen zu Besuch im Bundeshaus. Huawei-Schweiz-Chef Felix Kamer hatte chinesische Kollegen mitgebracht, darunter den Huawei-Europa-Chef. Parlamentarier organisierten für die Gäste ein kurzes Treffen mit dem Bundespräsidenten.
Ueli Maurer signalisierte den Chinesen, wie SonntagsBlick aus Bern erfuhr, dass er ihre Zentren gern im Lande haben wolle. Er habe jedoch zu bedenken gegeben, dass er nicht offiziell in Shenzhen vorbeischauen könne – weil man eben gerade mit den USA über ein Abkommen diskutiere. Diesbezüglich habe er vom Aussendepartement klare Vorgaben erhalten.
Die Chinesen jedenfalls waren vom Treffen mit dem Bundespräsidenten tief beeindruckt, berichtet einer, der dabei gewesen ist. Prompt kam denn auch wenige Tage später die Nachricht: Wenn Maurer in China vorbeikomme, werde man sich für die Schweiz entscheiden. Denn noch ist das Rennen offen: Auch Irland ist für die Forschungszentren im Gespräch.
Maurers delikate Mission
Wie geht Maurer also nun in China vor? Das Finanzdepartement bestätigt auf Anfrage, dass Gespräche mit dem Mobilfunk-Giganten geplant seien. Und: «Ein Treffen von Bundespräsident Ueli Maurer mit Huawei-Kadern ist möglich», sagt ein Sprecher Maurers.
Insidern zufolge soll das Ganze möglichst inoffiziell ablaufen, um die Amerikaner bloss nicht zu brüskieren. Zu Details könne man sich aktuell nicht äussern, da ein Treffen erst am Sonntag oder am Montag stattfinden könne, heisst es aus Bern.
Bei Huawei tönt es vorsichtig optimistisch: Die Zusammenarbeit mit der ETH mache gute Fortschritte. Über Details werde man später kommunizieren. Das mit dem Fünfer und dem Weggli könnte also klappen.