Der Nationalrat hatte heute am ersten Tag der Wintersession gleich ein heisses Eisen im Feuer: Mehrere Vorlagen zielten darauf ab, dass Kranke künftig mehr selber bezahlen müssen.
Mit 133 zu 53 Stimmen und einer Enthaltung stimmte der Nationalrat dem Vorschlag zu, die Mindestfranchisen von heute 300 Franken automatisch um 50 Franken zu erhöhen, sobald die Pro-Kopf-Gesundheitskosten über einen gewissen Wert steigen. Dieser liegt derzeit bei 3900 Franken und könnte schon bald erreicht werden. Denn 2017 betrugen die Bruttoleistungen 3849 Franken pro Kopf.
Stimmt auch der Ständerat zu, dürfte die Mindestfranchise also bald steigen. Einziges Gegenmittel: Die Kosten im Gesundheitswesen wachsen nicht weiter. Wie das gehen soll, weiss aber niemand.
Franchisenwechsel schwergemacht
Ausserdem hiess der Nationalrat noch die Drei-Jahres-Wahlfranchise gut: Wer freiwillig eine höhere Franchise wählt, soll künftig drei Jahre an diese gebunden sein. Zwar könnte man die Krankenkasse weiterhin jedes Jahr wechseln, die Franchise müsste aber gleich hoch bleiben. Damit soll verhindert werden, dass die Versicherten auf eine tiefere Franchise wechseln können, sobald eine teure Behandlung ansteht. Allerdings, wie selbst Krankenkassen-Lobbyist und SVP-Nationalrat Heinz Brand (GR, 63) zugeben musste: Ein Massenphänomen ist das Franchisen-Hüpfen nicht. Das Einsparpotenzial liege bei etwa fünf Millionen Franken – bei Gesundheitskosten von insgesamt 80 Milliarden Franken.
Dennoch: Das dürfte noch nicht der letzte Angriff auf das Portemonnaie der Versicherten gewesen sein. Aus Zeitmangel hat der Nationalrat den umstrittensten Vorschlag noch gar nicht beraten: Dieser fordert, dass die Mindestfranchise gleich direkt auf 500 Franken steigen soll. Nimmt man die Voten als Gradmesser, dürfte diese Idee gute Chancen in der grossen Kammer haben.
Schlechte Karten im Ständerat
Im Ständerat könnte sich das Blatt wenden. «Die Diskussion über mehr Eigenverantwortung ist zwar berechtigt», findet Josef Dittli (61), FDP-Ständerat und Präsident des Verbands der Krankenversicherer Curafutura. Aber ein direkter Anstieg auf 500 Franken werde zu reden geben.
Das glaubt auch CVP-Ständerat Erich Ettlin (56). «Ich gehe davon aus, dass der Ständerat das sehr sorgsam prüfen wird. Denn die Frage ist ja: Wen trifft es? Die 300-Franken-Franchise wählen vor allem Chronischkranke und ältere Versicherte.»