Im Wahljahr wird mit harten Bandagen gekämpft. Die SVP schimpft über «Woke-Wahnsinn» und Asylchaos. Nun holen die Juso zum Gegenschlag aus: Sie zeigen die SVP an. Ihr Vorwurf: Verstoss gegen die Rassismus-Strafnorm. Gemäss einer Medienmitteilung haben sie eine entsprechende Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland eingereicht.
Auslöser für die Strafanzeige ist das neuste Migrationspapier der SVP. Darin argumentiere die Partei «mit neurechter Rhetorik klar neo-rassistisch». Mit «verfälschten BFS-Statistiken und willkürlichen Falschinformationen» würden die Leserinnen und Leser des Papiers gezielt hinters Licht geführt.
«Auch die SVP hat sich an unsere Gesetze zu halten», wird Juso-Vizepräsidentin Mirjam Hostetmann (22) in der Medienmitteilung zitiert. Und: «Die Verbreitung von Hass und Hetze gegen Menschen mit rassistischer Argumentation steht unter Strafe.» Im SVP-Migrationspapier seien verschiedene Stellen strafrechtlich relevant, glaubt die Jungpartei.
Juso führen Textstellen an
In ihrer Anzeigeschrift führen sie denn auch verschiedene Stellen an, die sie von der Staatsanwaltschaft überprüft haben will.
Ein Beispiel, das den Juso ein Dorn im Auge ist: «Dafür erfolgt eine Zuwanderung aus Regionen, die uns kulturell fremd sind, in welchen das Bildungsniveau eher tief ist und wo bisweilen langjährige Krisen (Kriminalität, Gewaltkultur, Krieg) die Mentalität geprägt haben. Eine erfolgreiche Integration wird so nahezu unmöglich.» Oder: «Afrika und der Nahe Osten sind sowohl das Herkunftsgebiet vieler Asyl-Zuwanderer, fallen aber auch bei der Herkunft ausländischer Straftäter besonders negativ auf.»
In den genannten Textstellen finde eine Pauschalisierung des angeblichen Verhaltens und von negativen Eigenschaften oder Gedankengütern von gewissen Menschengruppen statt, führen die Juso in der Anzeigeschrift an. «Wir stellen deshalb Strafanzeige wegen Verstoss gegen Artikel 261 im Strafgesetzbuch.»
Ob dem tatsächlich so ist und die Strafanzeige aus rechtlicher Sicht genügend Fleisch am Knochen hat, müssen nun die Juristen klären.
Juso fordern «antirassistische Offensive»
Im Gegenzug starten die Juso eine «antirassistische Offensive». In diesem Sinne diskutiert die Jungpartei am kommenden Wochenende ein neues Positionspapier zur Thematik des Antirassismus. Darin fordert sie unter anderem eine Verschärfung der Rassismus-Strafnorm.
Künftig soll diese etwa auch Hass gegen «Kulturen» und «Nationalitäten» umfassen. Zudem brauche es mehr antirassistische Bildung in der Schule und Massnahmen gegen rassistische Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt.
SVP-Rutz kritisiert «Ablenkungsmanöver»
Die SVP lässt die Juso-Attacke nicht einfach so auf sich sitzen. «Die Ablenkungsmanöver der Juso sind gefährlich und dumm», sagt SVP-Nationalrat Gregor Rutz (50, ZH) zu Blick. «Hier geht es um unsere Sicherheit und darum, dass der Staat das Dossier Migration endlich in den Griff bekommen muss.»
Das SVP-Migrationspapier orientiere sich an den offiziellen Zahlen der Verwaltung, betont er. «Dass gemäss UNHCR mittlerweile über 103 Millionen Menschen migrieren, dass wir im vergangenen Jahr über 24'500 Asylgesuche zu verzeichnen hatten, dass mittlerweile rund 45'000 mit Status F in der Schweiz weilen und die Zahl der illegal Anwesenden auf über 76'000 geschätzt wird – die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein – sind Tatsachen.»
Die Grenzwächter hätten letztes Jahr zudem über 52'000 Aufgriffe illegal Anwesender verzeichnet. «Über 150 Personen pro Tag!», moniert Rutz. Diese Entwicklung bringe einerseits unsere Infrastrukturen an den Anschlag bringt, gefährde andererseits aber auch die öffentliche Sicherheit.
«Realitätsverweigerung»
«Die Juso verweigern sich offenbar der Realität und wollen nicht über diese Probleme sprechen», kontert Rutz. «Es bringt nichts, diese Probleme unter den Tisch zu wischen – hier sind nun Lösungen gefragt.»
Die neue SP-Asylministerin Elisabeth Baume-Schneider (59) sei nun »dringend gefordert, Ordnung in diesem Chaos zu schaffen».