Wegen «Notstand»
Gericht spricht Genfer Klimaaktivist frei

Ein 23-jähriger Klimaaktivist, der gemeinsam mit anderen die Fassade der Credit Suisse beschmiert hat, wird nicht bestraft. Das Genfer Kantonsgericht hat ihn in zweiter Instanz freigesprochen. Das Urteil ist wegen seiner Begründung überraschend.
Publiziert: 14.10.2020 um 10:01 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2020 um 02:06 Uhr
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In Genf ist ein Klimaaktivist in zweiter Instanz freigesprochen worden.
Foto: keystone-sda.ch

Rechtfertigt der Kampf gegen den Klimawandel illegale Aktionen? Ja, findet das Genfer Kantonsgericht und spricht einen 23-jährigen Klimaaktivisten frei, der im Oktober 2018 gemeinsam mit anderen Aktivisten die Fassade einer Bankfiliale der Credit Suisse beschmutzt hatte.

Die Aktivisten des Kollektivs «Breakfree Schweiz» hatten am Rande einer Klimademonstration in der Genfer Innenstadt die erste Seite des Weltklimarats-Bericht an die Bankfassade geklebt und blutrote Hände an die Wand gesprayt – als Zeichen für die Opfer des Klimawandels.

«Legitime Aktion»

Die Aktion sei legitim gewesen, fand der Angeklagte, der als einziger von der Polizei erwischt wurde. Denn, sagte er, alle anderen Versuche mit der Credit Suisse in Kontakt zu treten, seien zuvor gescheitert.

Das Genfer Polizeigericht gewichtete die Sachbeschädigung höher und verurteilte den jungen Mann erstinstanzlich zu einer bedingten Geldstrafe von zehn Tagessätzen zu je 30 Franken. Ausserdem brummte das Gericht dem Klimaaktivisten die Reinigungskosten in der Höhe von 2250 Franken sowie die Verfahrenskosten auf.

Die Verteidigerin des Genfer Klimaaktivisten, Laïla Batou, argumentierte vor der zweiten Instanz erfolgreich, dass der Klimanotstand die Aktion rechtfertige.

Bundesgericht muss entscheiden

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Gericht Klimaaktivisten freispricht. Anfang Jahr fand das Bezirksgericht in Renens VD, dass 12 Klimaaktivisten, die in einer CS-Filiale Tennis gespielt hatten, aus einem rechtfertigenden Notstand gehandelt hätten. Allerdings hob das Waadtländer Kantonsgericht das Urteil in zweiter Instanz wieder auf. Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen.

Die Anwälte der Aktivisten haben laut «NZZ» bereits angekündigt, das Urteil ans Bundesgericht und gegebenenfalls an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterzuziehen. (til/lha/sda)


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