SVP verlangt Anzeige gegen Stadt Bern
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«Armutszeugnis für die Stadt»:SVP fordert Anzeige gegen Bern

«Armutszeugnis»
Nationalrat hat Anzeige gegen Bern abgelehnt

Die Stadt Bern duldet die verbotene Klima-Demo auf dem Bundesplatz vorerst. Das bringt bürgerliche Bundesparlamentarier auf die Palme. Sie fordern von der Stadt, die Rechtsordnung durchzusetzen.
Publiziert: 22.09.2020 um 11:20 Uhr
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Aktualisiert: 22.09.2020 um 12:30 Uhr
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Seit dem frühen Montagmorgen besetzen Hunderte Klima-Aktivisten den Platz vor dem Bundeshaus in Bern.
Foto: Keystone
Ruedi Studer

Bern erlebte gestern eine handfeste Überraschung: Am Morgen besetzten Klimaaktivisten den Bundesplatz. Dies, obwohl ­grosse Kundgebungen vor dem Bundeshaus verboten sind, wenn das Parlament tagt – so wie zurzeit.

Bei bürgerlichen Politikern war der Ärger gestern riesig. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (41) forderte mit einem Ordnungsantrag die Räumung des Bundesplatzes. Geschehen ist nichts.

Deshalb legte SVP-Nationalrätin Esther Friedli (43) nach und verlangte in einem neuen Ordnungsantrag sogar, dass der Nationalrat Anzeige gegen die Stadt einreicht – «wegen Nicht-Durchsetzung der geltenden Rechtsordnung». Gleichzeitig verlangt sie eine Anzeige «gegen die Klimaextremisten und Linksradikalen» wegen «Verletzung der geltenden Rechtsordnung».

Zudem soll die Stadt die Marktfahrer entschädigen. «Rechtschaffene Leute wurden daran gehindert, ihr tägliches Brot zu verdienen. Das ist nicht tolerierbar», sagt Friedli zu BLICK.

Der Nationalrat hat kurz vor Mittag über den Antrag entschieden und diesen mit 90 zu 79 Stimmen bei 16 Enthaltungen abgelehnt. SP, Grüne und GLP stimmten geschlossen dagegen. SVP und Teil von FDP und CVP dafür.

Friedli ärgert sich über das Resultat: «Leider haben viele CVPler und FDPler sich der Stimme enthalten oder sogar dagegen gestimmt. Sie verantworten nun, dass auf dem Bundesplatz weiterhin eine illegale Besetzung toleriert wird», sagt sie zu BLICK.

Für sie ist klar: «Wir haben es mit einer illegalen Besetzung des Bundesplatzes zu tun, dass können wir nicht dulden.» Sie lässt offen, wie die SVP konkret reagiert, da nun der Antrag abgelehnt ist. Nur so viel: «Wir bleiben da dran. Es kann nicht sein, dass hier nach der Reitschule ein zweiter rechtsfreier Raum geschaffen wird.»

Man warte nun mal ab, wie der Berner Gemeinderat reagieren werde, so die SVP-Frau.

CVP-Stadler: «Stadt Bern muss durchgreifen»

Die Fronten in der Räumungsfrage sind also klar: SP, Grüne und GLP stellten sich auch schon gestern geschlossen gegen den Aeschi-Antrag. Die bürgerliche Mehrheit hingegen stimmte dem Vorstoss zu – mit zwei Ausnahmen: Der Berner BDP-Nationalrat Heinz Siegenthaler (64) sowie der Urner CVP-Nationalrat Simon Stadler (32) lehnten den Antrag ab.

Der Urner erklärt sein gestriges Nein damit, dass die Stadt Bern bereits Gespräche mit den Aktivisten aufgenommen und eine Frist gesetzt hatte. Für ihn ist aber klar: «Es ist eine illegale Demo. Wenn die Aktivisten den Platz nicht freiwillig räumen, muss die Stadt Bern das Recht durchsetzen und durchgreifen.»

Das Anliegen der Aktivisten sei zwar unbestritten wichtig, so Stadler. Und er finde es auch toll, wenn sich Jugendliche für Politik engagieren. Aber: «Wenn man sich nicht an die Regeln hält, ist der Sache nicht gedient.»

SVP-Matter: «Armutszeugnis für Stadt Bern»

SVP-Nationalrat Thomas Matter (54, ZH) spricht auf Blick TV von einem «Armutszeugnis für die Stadt Bern». Es sei klar, dass die Demo illegal sei. «Das ist eine Verluderung der Rechtsordnung», moniert er.

Auch die SVP habe für die Begrenzungs-Initiative demonstrieren wollen, doch dies sei abgelehnt worden und seine Partei habe sich daran gehalten. «Wenn das so weitergeht, heisst das: Wer illegal vorgeht, ist erfolgreich, wer sich ans Gesetz hält, ist der ‹Tubel›.»

SVP verlangt Anzeige gegen Stadt Bern
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SVP-Matter:«Armutszeugnis für die Stadt Bern»

SP-Jositsch: «Spielregeln anerkennen»

SP-Ständerat Daniel Jositsch (ZH) wiederum stört sich nicht besonders an der Demo auf dem Bundesplatz, ihn störe die Klimaproblematik viel mehr. Doch auch er findet, dass sich die Aktivisten an das Gesetz halten sollten.

«Wenn man politisch aktiv ist, muss man auch die Spielregeln anerkennen», so Jositsch. «Inhaltlich ist die Aktion richtig, aber man muss sich an die korrekte Vorgehensweise halten.»

Klimaaktivisten wollen nicht Füsse hochlegen

«Die Demonstranten sind friedlich. Eine Räumung des Bundesplatzes durch die Polizei, um ein Exempel an den Jugendlichen zu demonstrieren, wäre daher völlig unverhältnismässig», sagt Greenpeace-Klimaexperte Georg Klingler zu BLICK. Er selbst war bei der Besetzung des Platzes mit dabei und geht davon aus, dass die Aktivisten am Mittag nicht einfach abziehen werden. Entsprechende Aufrufe wurden in den Chat-Kanälen der Klimademonstranten auch bereits gemacht.

«Entscheide werden vor Ort gemeinsam und demokratisch gefällt, und der Aktionskonsens, dass es friedlich bleibt, gilt für alle», so Klingler. Darüber hinaus müsse jede Person für sich selber entscheiden, welche Konsequenzen sie auf sich nehmen wolle.

Für eine allfällige Räumung sind die Aktivisten gewappnet. Einerseits wollen sie durch möglichst viele Menschen eine Räumung erschweren. Andererseits sind sie auch anderweitig vorbereitet, eine solche zu erschweren – etwa durch sogenannte Armlocks. Röhren, in welchen sich zwei Aktivisten zusammenschliessen, und die mit schwerem Material aufgeschnitten werden müssen.

Stadt Bern wartet ab

Klingler hofft immer noch darauf, dass die Stadt die Aktion weiterhin toleriert. «In diesem Fall kann man eine Ausnahme machen, denn das Anliegen ist zu wichtig.»

Die Stadt Bern hat den Aktivisten eine Frist bis am Mittag gesetzt, dann erwarten sie eine Antwort. Danach wird der Gemeinderat noch einmal tagen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Die links-grüne Mehrheit wird sich aber schwer tun mit einem harten Durchgreifen.

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