Die Bilder von Kriegsverbrechen in der ukrainischen Stadt Butscha haben den Westen schockiert und die Diskussion um weitere Sanktionen gegen Russland befeuert. Umgehend reagiert hat auch Deutschland mit der Ausweisung von 40 russischen Diplomaten, die zu «unerwünschten Personen» erklärt wurden. Auch Italien, Frankreich, Spanien oder Dänemark haben Diplomaten oder Geheimdienstoffiziere aus Russland weggewiesen.
Die Schweiz aber zieht nicht nach, wie der «Tagesanzeiger» berichtet. Gegenüber der Zeitung bestätigt Bundesratssprecher André Simonazzi, dass die Landesregierung das Thema diskutiert hat – und sich gegen Ausweisungen entschieden habe. Noch tags zuvor hatte die Schweiz mit dem Entscheid gerungen.
Kommunikationskanäle offen halten
Begründet wird der Entscheid mit den diplomatischen Interessen und jenen der Schweiz, welche die Kommunikationskanäle nach Russland aufrechterhalten wolle – insbesondere im Interesse des Schutzmachtmandates, das die Schweiz für Georgien ausübt.
Umgekehrt könne zudem die Funktionsfähigkeit der Schweizer Botschaft in Russland beeinträchtigen werden. «Wenn die Schweiz Diplomaten ausweist, geschieht dies aus Gründen der inneren Sicherheit, und diese Fälle werden nicht öffentlich kommuniziert», so Simonazzi.
Unter Spionage-Verdacht
So mancher der russischen Diplomaten steht allerdings im Verdacht, getarnter Spion des russischen Geheimdiensts zu sein: Rund «ein Drittel» der in der Schweiz akkreditierten russischen Diplomaten seien entweder identifizierte Angehörige des russischen Nachrichtendiensts oder würden verdächtigt, unter dem diplomatischen Deckmantel für den Geheimdienst tätig zu sein, hielt der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) jüngst fest. (gbl)