«Ströfzgi» wegen Chaos bei Impfstoffbeschaffung
BAG-Beamte müssen über Pfingsten nachsitzen

Die Schweiz muss allenfalls Millionen Corona-Impfdosen kaufen, die sie gar nicht braucht. Bundesrat Alain Berset hat eine Administrativuntersuchung betreffend der Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen eingeleitet.
Publiziert: 02.06.2022 um 19:40 Uhr
|
Aktualisiert: 03.06.2022 um 17:57 Uhr
1/2
Bundesrat Alain Berset hat eine Administrativuntersuchung betreffend der Beschaffung von Covid-19-Impfstoffe eingeleitet
Foto: keystone-sda.ch

Geklärt werden muss, ob alle Impfstoffbeschaffungen durch Kredite gedeckt waren, wie das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) am Donnerstag mitteilte. Insbesondere ist unklar, ob in den Verträgen Parlamentsvorbehalte eingefügt worden waren, wie aus der Mitteilung weiter hervorgeht.

Konkret besagt diese Vertragsklausel, dass das Parlament die Finanzhoheit hat und darüber entscheidet, wie viele Impfdosen zu welchem Preis gekauft werden. «Das BAG hat die Klausel in einem der Verträge wohl vergessen. Das ist ein Skandal», sagt SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger (48) zu «20 Minuten».

«Im dümmsten Fall müssen wir Impfdosen kaufen, die wir nicht brauchen»

Sowohl die Finanzkommission als auch das Parlament seien damit belogen und umgangen worden, moniert Sollberger. «Im dümmsten Fall müssen wir also für hunderte Millionen Franken Impfdosen kaufen, die wir gar nicht brauchen. Und das in einer Zeit, in der alles teurer wird und das Portemonnaie vieler Schweizerinnen und Schweizer dünn ist.»

Wie «20 Minuten» schreibt, müssten die BAG-Beamten über Pfingsten Sonderschichten leisten und das Chaos klären. Sollberger glaubt allerdings nicht, dass die Untersuchung über Pfingsten brauchbare Ergebnisse liefert. «Wir fordern volle Transparenz. Wenn sich die Befürchtung bewahrheitet, müssen wir darüber nachdenken, eine parlamentarische Untersuchungskommission einzusetzen.»

Diese müsse im Detail prüfen, in welchen Verträgen die Klausel vergessen ging, welcher Schaden angerichtet wurde und wer dafür verantwortlich sei, sagt Sollberger zu «20 Minuten». Und: Sobald klar sei, wer für den Fehler verantwortlich ist, sei laut Sollberger konsequentes Handeln gefragt: «Jemand muss wohl den Hut nehmen und gehen.»

Finanzkommission ist bereits informiert – und nicht erfreut

Die möglichen Versäumnisse sind im Rahmen der parlamentarischen Beratung über die Kredite für die Beschaffung von Impfstoffen entdeckt worden. Bundesrat Alain Berset (50) habe die Finanzkommission bereits darüber informiert, dass er eine Untersuchung in die Wege geleitet habe, wie das EDI weiter mitteilte.

Die Finanzkommission des Nationalrats (FK-N) ist über das angenommene Versäumnis «alles andere als erfreut», wie sie in einer eigenen Mitteilung schrieb. Dadurch könne die Budgethoheit des Parlaments stark eingeschränkt werden.

Die mutmasslichen Probleme bei den Verträgen wurden bemerkt, weil der Ständerat am Mittwoch einen vom Bundesrat beantragten Nachkredit zur Beschaffung der Impfstoffe kürzen wollte. Dabei hat sich laut der FK-N gezeigt, dass der Nachkredit nicht nach Belieben gekürzt werden kann, da entsprechende Vorbehalte in den Verträgen mit den Impfstofflieferanten «offenbar teilweise nicht eingebaut wurden».

Untersuchung durch ehemaligen Direktor der Finanzkontrolle

Mit der Administrativuntersuchung wird laut Mitteilung Kurt Grüter (84), der ehemalige Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle, beauftragt.

Untersucht werden neben den Versäumnissen auch die Abläufe, um solche zukünftig zu verhindern. (SDA/oco)

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?