Bundesbern kommt ins Rotieren. Zumindest im übertragenen Sinne. Das Aussendepartement (EDA) plant, wie sie die Schweizer Botschafter und ihr Personal zurück in die Schweiz und umgekehrt Personal ins Ausland verlegen können. Normalerweise ein einfacher Vorgang, doch wegen Corona ist alles komplizierter.
470 Botschaftsmitarbeiter mit ihren Begleitpersonen haben beim EDA um Transporthilfe angefragt. «Viele Mitarbeiter arbeiten seit Wochen unter prekären Bedingungen in ihren Ländern. Sie müssen ausgetauscht werden und ihre neuen Stellen antreten», sagt Sprecher Pierre-Alain Eltschinger auf BLICK-Nachfrage.
«Normalerweise müssen sie ihre Flüge selbst organisieren. Es ist aber kein Wunschkonzert, wer wohin fliegt, sondern folgt einem genauen Plan.» Weil während der Corona-Zeit solche Flüge laut dem EDA nicht stattfinden konnten, gibt es bei den Verschiebungsflügen nun einigen Nachholbedarf.
Flüge für 27 Personen
Für diese Flüge setzt das EDA auf die Flotte des Lufttransportdienstes des Bundes – Flugzeuge, mit denen unter anderem auch Bundesräte geflogen werden. Reguläre Flüge seien wegen Corona oft gestrichen worden. Das EDA will aber den Eindruck von Luxus-Flügen vermeiden: «Wir versuchen, wenn immer möglich mit kommerziellen Flügen oder sogar mit Frachtflugzeugen mitzufliegen.»
Wenn möglich, werde auch mit Drittstaaten zusammengearbeitet. Gibt es keine normalen Flüge, kämen ehemalige Rega-Ambulanzjets zum Einsatz. Auch der Bundesratsjet Falcon T-785 sei bislang noch nicht zum Einsatz gekommen.
Bisher sind zwei Flüge für insgesamt 27 Personen durchgeführt worden. Im Sudan und Jordanien, Ghana und Senegal sind schon Jets gelandet, am Wochenende soll ein Flieger nach Mali, Burkina Faso, zur Elfenbeinküste und in den Niger mit 18 Personen abheben. «Seit Beginn der Aktion konnte die Planung für 16 Flüge sistiert werden», schreibt EDA-Sprecher Eltschinger. Dies, weil es wieder mehr kommerzielle Flüge gibt.
Die Kosten für die Aktion seien im ordentlichen Budget inbegriffen. Minimale Zusatzkosten könnte es einzig geben, wenn wegen Corona eine andere Route geflogen werden muss. «Damit die Kosten tief gehalten werden können, machen die Flugzeuge Zwischenstopps in verschiedenen Destinationen.»
«Kapitän darf nicht als erster vom sinkenden Schiff»
SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (54) sieht die Flüge kritisch. «Natürlich kann es mal Notfälle geben, wo das nötig ist.» Doch jetzt sind mehrere hundert Anfragen eingegangen. «Wir müssen Exzesse vermeiden», sagt er zu BLICK. Denn: «Die Botschaften sind luxuriöse Arbeitsorte, viele Diplomaten leben privilegiert», so Büchel, der selbst ausgebildeter Konsularbeamter ist und in 18 Ländern gearbeitet hat. «Das Coronavirus gibt es weltweit. Es gehört zum Beruf des Botschafters, in einem anderen Land zu leben – auch in schwierigen Situationen.»
Büchel hat darum in der Aussenpolitischen Kommission einige Fragen an Aussenminister Ignazio Cassis (59) gestellt. Denn Büchel befürchtet eine «unsägliche Selektion»: Wer darf mit dem Jet fliegen? Nur die Botschafter und ihre Familien? Und was passiert mit den restlichen Angestellten? Für den SVP-Nationalrat ist klar: «Der Kapitän – also der Botschafter – darf in schwierigen Situationen nicht als erster vom sinkenden Schiff gehen.»