Wegen Abstimmungskampagne
Geschäftsprüfer rüffeln Keller-Sutter

Vor Abstimmungen informieren die Behörden in Einzelfällen zu extensiv. Zu diesem Schluss kommt die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats in einem neuen Bericht. Besonders im Fokus: Karin Keller-Sutter.
Publiziert: 24.11.2023 um 12:12 Uhr
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Aktualisiert: 24.11.2023 um 16:22 Uhr
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Die Kommunikation zur Abstimmung über die Konzernverantwortungs-Initiative, welche die damalige Justizministerin Karin Keller-Sutter verantwortet, wird kritisiert.
Foto: keystone-sda.ch

Es war einer der dreckigsten Abstimmungskämpfe der jüngeren Schweizer Geschichte. Im November 2020 stimmte die Schweiz über die Konzernverantwortungs-Initiative (Kovi) ab. Das Stimmvolk sagte hauchdünn Ja – doch weil zu wenige Kantone zustimmten, verloren die Initianten trotzdem.

Nun schlägt der Abstimmungskampf drei Jahre später wieder Wellen. Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK) hat die Kommunikation der Behörden in Abstimmungskämpfen untersucht und rüffelt die damaligen Justizministerin Karin Keller-Sutter (59). Die Kommunikation des Departements sei bei der Kovi-Abstimmung mehr auf die Ablehnung der Initiative als auf die Information der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ausgerichtet gewesen, heisst es im Bericht. 

Grenze zu Kampagne

Für die Abstimmung sei ein spezielles Kommunikationskonzept ausgearbeitet worden. Daraus gehe hervor, «dass die Kommunikation der Departementsvorsteherin als Ergänzung zur überparteilichen Kampagne ausgerichtet war, um einen Meinungsumschwung beim Zielpublikum zu erreichen». 

Die Expertengruppe – die im Auftrag der GPK die Untersuchung durchgeführt hat – fand zudem heraus, dass eine departementsinterne Arbeitsgruppe zur Initiative diskutierte, «welche Kantone noch abgedeckt werden sollen». Offenbar war auch der Plan, ein Netzwerk mit Politikerinnen und Politikern und der Wirtschaft aufzubauen. 

Ob die Pläne tatsächlich umgesetzt wurden, konnte die GPK nicht überprüfen. Die vorgesehene Art und Weise der Kommunikation überschritt nach Auffassung der Expertengruppe aber die Grenze zwischen Information und Kampagne. 

Es braucht klare Regeln

Das Justizdepartement schreibt in seiner Stellungnahme zum Bericht, dass Keller-Sutter gehalten gewesen sei, vor der Abstimmung die ablehnende Haltung des Parlaments zu vertreten. Grundsätzlich müssen Behörden vor Abstimmungen vollständig, sachlich, transparent und verhältnismässig informieren. 

Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit der Behördenkommunikation werde zwar in den meisten Fällen eingehalten, heisst von der GPK. Sie erachte es aber als problematisch, dass in Einzelfällen der Informationsauftrag «extensiv ausgelegt» werde. 

Die GPK empfiehlt deshalb, genauer festzulegen, wie weit die Bundesräte und ihre Departemente in Abstimmungskämpfen gehen dürfen. Zudem soll die Kompetenzverteilung bei öffentlichen Äusserungen oder Beiträgen in den sozialen Medien geregelt und festgelegt werden, welche Behörde zu welchem Aspekt kommuniziert.

Insgesamt formulierte die GPK in ihrem Bericht vier Empfehlungen zuhanden des Bundesrats. Er muss bis Mitte Februar dazu Stellung nehmen. (bro/SDA)

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