Wasserkraft gehe es gar nicht so schlecht
Bund spottet über Strommultis

Sie rufen nach Staatshilfe – doch laut Bund geht es den Wasserkraftwerkbetreibern gar nicht so schlecht. Jetzt müssen sie mehr Zahlen liefern.
Publiziert: 01.09.2017 um 11:11 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:44 Uhr
Laut Alpiq defizitär: Zervreilastausee in Vals GR.
Foto: KEYSTONE

Wie fest darben sie wirklich? Geht es der Schweizer Wasserkraft tatsächlich so miserabel, wie die Stromkonzerne Axpo und Alpiq behaupten? Oder klönen sie nur, um Geld vom Staat zu erhalten? 

Die Wasserkraft sei unrentabel, zu billig werde sie auf dem internationalen Markt gehandelt, sagen die Stromkonzerne. Doch jetzt greift der Bund, genauer gesagt die Stromaufsicht des Bundes, die Eidgenössischen Elektrizitätskommission (Elcom), die Strommultis an:

Sie hat die Geschäftsergebnisse 2016 analysiert. Das Fazit laut «Tages-Anzeiger»: Die Situation erscheine «nicht derart schlimm, wie sie in der politischen Debatte derzeit diskutiert wird». Eine Vielzahl der Elektrizitätswerke habe ihren Gewinn steigern können oder zumindest «solide» abgeschnitten. Negative Jahresabschlüsse seien nur wenige auszumachen.

Sehr gut gehe es Werken, die vom erst teilliberalisierten Markt profitierten – also die grosse Mehrheit der rund 700 Elektrizitätsunternehmen. Sie sind für 60 Prozent der Wasserkraft verantwortlich. Sie können Privathaushalte und Kleinbetriebe zu garantiert kostendeckenden Preisen bedienen.

Alpiq und Axpo hätten eine «solide Liquiditätsbasis», so der Bund

Die restlichen 40 Prozent liefern Alpiq und Axpo. Ihr Problem: Sie haben keinen Zugang zu den sogenannten gebundenen Endkunden und sind so den europäischen Grosshandelspreisen ausgesetzt. Auffallend: Alpiq und Axpo verfügen laut Elcom über eine  «solide Liquiditätsbasis».

Unter die Lupe genommen hat die Elcom auch die Aktionäre der beiden Konzerne, zu denen viele Kantone und Gemeinden gehören. Diese seien in der Lage, die negativen Ergebnisse von Alpiq und Axpo auszugleichen.

SP-Nationalrätin Silva Semadeni aus Graubünden folgert im «Tages-Anzeiger»: «Die Wasserkraft darf nicht für die Sanierung der verschuldeten Konzerne missbraucht werden.» Den Elcom-Bericht stützt eine Studie, welche die Gebirgskantone in Auftrag gegeben und am Montag präsentiert haben. Ihr Fazit: Die Elektrizitätsbranche als Ganzes habe zwischen 2000 und 2016 über alle Wertschöpfungsstufen hinweg mit der Wasserkraft Gewinne geschrieben.

Jetzt will das Bundesamt für Energie (BFE) mehr Zahlen sehen. Die Fachleute im Departement von Doris Leuthard (CVP) erheben bei den Betreibern von Wasserkraftwerken Daten – die Politik fordert Transparenz, bevor sie Staatshilfe ins Auge fasst. 

Auf die Barrikaden gegen die Analyse der Elcom gehen freilich Alpiq und Axpo. Ihre Hauptkritik: Der Elcom-Bericht unterscheide nicht zwischen den Stromproduzenten, die sich gegen Konkurrenten behaupten müssten, und jenen, die im Monopol wirtschaften. Der Bericht sei reine Vergangenheitsbewältigung und «irreführend». (vfc)

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