Das Politikerleben ist abseits des Ratssaal gepflastert von Einladungen und Anlässen. Und dort bewegen sich die Parlamentarier laut Strafrechtsprofessor und SP-Nationalrat Daniel Jositsch auf einem heiklen Terrain, denn Strafrecht ist für Amtsträger im Bereich Korruption streng. Ein Essen in der Kantine sei zwar unproblematisch, sagt Jositsch in einem Interview mit der „Berner Zeitung“. Wen sich ein Politiker aber von einer Person, die er nicht näher kenne zu einem sechsgängigen Essen in einem exklusiven Restaurant einladen lasse, „wäre das eindeutig ein strafbares Bestechungsdelikt in der Form sogenannter Klimapflege, welches eigentlich von Staates wegen verfolgt werden müsste.“ Das Geschenk, in diesem Fall also eine Einladung, dürfe nur geringfügig sein und das sogenannt sozial Übliche nicht übersteigen.
Laut Jositsch sind gewisse Einladungen rund um das Filmfestival Locarno problematisch. Es gebe Firmen, die Politiker nach Locarno einladen samt Übernachtungen in teuren Hotels mit Essen. „Solche Einladungen sind nach Strafgesetz sicher nicht zulässig.“
Anders sei es bei Anlässen, welche zur Amtstätigkeit gehören: Wenn ein Politiker zum Beispiel vom Bundesamt für Kultur eingeladen werde, sei das sicher nicht strafbar, selbst wenn vielleicht noch ein Apéro riche und ein Abendessen serviert werde.
Trotz des strengen Gesetzes wird praktisch nie ein Politiker wegen Korruption verfolgt. Jositisch vermutet, dass schlicht niemand „ein Interesse hat, diese Delikte zur Anzeige zu bringen“. Das Gesetz gehe auch viel zu weit und erfasse auch Bagatellfälle, die in der Praxis ja dann doch nicht erfüllt werden. Das Resultat sei eine grosse Unsicherheit.
Die strenge Regel gilt aber nicht für Private. Die Privatkorruption ist laut Jositisch nur strafbar, wenn derjenige, der einlädt, eine konkrete Gegenleistung, also ein Gegengeschäft verlangt. "Klimapflege, also das blosse Einladen ohne Gegenleistung, ist im privaten Rahmen nicht strafbar, sondern eben nur dann, wenn der Empfänger des Geschenkes ein Amtsträger ist.“ (jow)