Das Aussendepartement (EDA) dürfte in den nächsten Wochen stark mit dem eigenen Inneren beschäftigt sein. Ignazio Cassis (59) plant, sein Departement neu aufzustellen.
Besonders brisant ist die Überlegung des FDP-Bundesrats, die Direktion für Europäische Angelegenheiten wieder in die Politische Direktion einzugliedern. Über diese Pläne berichtete die «NZZ» gestern, die Berichterstattung deckt sich mit Recherchen von SonntagsBlick.
Ein eigenes Staatssekretariat, das sich einzig mit den Beziehungen zu Brüssel beschäftigt und wie es derzeit von Staatssekretär Roberto Balzaretti geleitet wird, wäre damit Geschichte. Das wirft allerdings auch die Frage auf, welche Rolle der schillernde Balzaretti künftig spielen soll. Denn statt zwei Staatssekretären wie bisher wäre bald nur noch einer vonnöten.
Rahmenabkommen mit der EU
Balzaretti ist in seiner Funktion als Staatssekretär für Europäische Angelegenheiten für die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU zuständig – 2018 hatte der Bundesrat das vielleicht wichtigste und zugleich schwierigste EDA-Dossier der damaligen Chefin der Politischen Direktion, Pascale Baeriswyl, entzogen.
Zwar blieb Baeriswyl an der Spitze dieser Direktion und verantwortete als Staatssekretärin weiterhin die Beziehungen der Schweiz zu anderen Nationen rund um den Globus – allerdings mit der nicht ganz unbedeutenden Ausnahme von Europa.
In der Schweizer Aussenpolitik operieren derzeit eine Staatssekretärin und ein Staatssekretär parallel – eine ungewohnte Kompetenzverteilung, die allerdings ganz nebenbei den Vorteil mit sichbrachte, dass der Schweizer Chefunterhändler Balzaretti gegenüber Brüssel mit einem prestigeträchtigen Titel auftreten konnte.
Ab 2021 in Moskau
Seit kurzem aber leitet Baeriswyl nun die Schweizer Vertretung bei der Uno in New York. Und auch ihre Nachfolgerin Krystyna Marty bekleidet den Chefposten in der Politischen Direktion nur vorübergehend: Ab 2021 wird sie die Schweiz als Botschafterin in Moskau vertreten.
Angesichts dieser absehbaren Vakanz ging Aussenminister Cassis mit seinen Umbauplänen am Mittwoch in die Bundesratssitzung. Doch seine Kolleginnen und Kollegen reagierten dem Vernehmen nach wenig begeistert: Vor der Abstimmung über die Begrenzungs-Initiative der SVP will die Bundesratsmehrheit eine öffentliche Diskussion über das Rahmenabkommen möglichst vermeiden. Die aber könnte sich nun ausgerechnet an den Plänen des Tessiners entzünden, so ein Insider gegenüber SonntagsBlick.
Andere Interpretation zu Cassis' Plan
Eine andere Interpretation aus dem Umfeld der Landesregierung ist weniger konfliktträchtig, aber nicht minder spektakulär: Cassis’ Plan sei schlicht unausgegoren gewesen, daher habe er ihn auch sofort wieder zurückgezogen.
Die ganze Übung – so die Quelle – habe den Anschein vermittelt, Cassis habe für Balzaretti lediglich eine Brücke bauen wollen. Denn wenn man den umstrittenen Spitzenbeamten in das einzige verbleibende Staatssekretariat im EDA versetzen könnte, wäre es anschliessend möglich, demnächst einen anderen Delegationsleiter zu den schwierigen Verhandlungen mit Brüssel zu schicken.