Der türkische Autokrat Recep Tayyip Erdogan hat seine Allmachtsfantasien wahr gemacht. In einer von Zensur und Gewalt geprägten Wahl liess er sich am letzten Sonntag erneut zum Präsidenten küren. Ab sofort kontrolliert er alle drei Gewalten: Regierung, Justiz und Parlament.
Schon kurz nach der Wahl lag in Ankara ein Brief aus Bern auf dem Tisch. Der Absender: Bundespräsident Alain Berset (SP). Im Schreiben gratuliert unser Bundesrat dem Machthaber vom Bosporus zur Wiederwahl – auch wenn von fairen Bedingungen keine Rede sein kann.
Fragen bleiben unbeantwortet
Soll die offizielle Schweiz einem brutalen Autokraten gratulieren? Und was genau hat Berset geschrieben? Zwei Fragen, die weitgehend offenbleiben.
Sprecher Peter Lauener sagt: «Es entspricht den diplomatischen Gepflogenheiten, Staatschefs von Ländern, mit denen die Schweiz diplomatische Beziehungen pflegt, zur Wahl zu gratulieren.»
Einblick in den Brief wurde dem SonntagsBlick nicht gewährt. Den Inhalt fasst Lauener folgendermassen zusammen: «Im Schreiben werden die vielseitigen bilateralen Beziehungen erwähnt, und dass diese zum Wohl der Bevölkerung beider Länder weitergeführt werden sollen.»
Erdogan duldet keine anderen Meinungen
Wie wenig Rücksicht Alleinherrscher Erdogan auf das Wohl seiner Bevölkerung nimmt, zeigte sich indes in den letzten Tagen. So ging die Verhaftungswelle gegen Kritiker auch nach dem Wahlsieg unvermindert weiter. Politiker, Journalisten, Wissenschaftler – immer mehr Menschen landen im Gefängnis.
Eine neue Stufe erreichte Erdogans Repression in der Nacht auf Freitag, als Polizisten den bekannten Politiker und Journalisten Eren Erdem festnahmen. Er gehört der Führung der Republikanischen Volkspartei (CHP) an, der grössten Oppositionspartei des Landes. Die Polizei habe ihn vor seiner Wohnung in Ankara festgenommen, twitterte Erdem.
Laut Parteifreunden wird Erdem beschuldigt, Mitglied einer Terrororganisation zu sein – ein beliebtes Mittel der türkischen Regierung, um Kritiker mundtot zu machen. Das Signal hinter der Verhaftung ist klar: Erdogan duldet keine abweichenden Meinungen mehr.
Auch in der Schweiz, wo viele Kurden leben, erhielt Erdogan von den Präsidentschaftskandidaten in allen drei Wahlkreisen am meisten Stimmen: in Zürich 34 Prozent, in Bern 38 Prozent – und in Genf sogar 52 Prozent.
Der schweizerisch-türkische Doppelbürger und Oppositionswähler Hakan Parlak (42) verweist aber auf jene Stimmberechtigten, die Erdogan nicht gewählt haben: «In Bern und Zürich haben deutlich über 60 Prozent gegen Erdogan gestimmt. Das Resultat in der Westschweiz erklärt sich durch die Wähler aus Frankreich, die in Genf ihre Stimme abgeben konnten.»
Parlak ist enttäuscht, dass es der Opposition nicht gelungen ist, die Mehrheit auf sich zu vereinen. Vor allem befürchtet er, dass die Lira noch tiefer fallen wird und Investoren wegen der fehlenden Rechtssicherheit ihr Kapital abziehen werden. Parlak: «Für die türkische Wirtschaft könnte diese Wahl in einer Katastrophe enden.»
Dennoch wertet Parlak die Wahl als Erfolg für die Opposition. «Erdogan musste auf Druck der Opposition auf einige Forderungen wie Erhöhung der Altersrenten und Auflösung des Ausnahmezustandes eingehen.» Und Parlak verspricht: «Wir lassen uns auch in Zukunft nicht unterkriegen. Die Opposition ist lebendiger denn je!»
Auch in der Schweiz, wo viele Kurden leben, erhielt Erdogan von den Präsidentschaftskandidaten in allen drei Wahlkreisen am meisten Stimmen: in Zürich 34 Prozent, in Bern 38 Prozent – und in Genf sogar 52 Prozent.
Der schweizerisch-türkische Doppelbürger und Oppositionswähler Hakan Parlak (42) verweist aber auf jene Stimmberechtigten, die Erdogan nicht gewählt haben: «In Bern und Zürich haben deutlich über 60 Prozent gegen Erdogan gestimmt. Das Resultat in der Westschweiz erklärt sich durch die Wähler aus Frankreich, die in Genf ihre Stimme abgeben konnten.»
Parlak ist enttäuscht, dass es der Opposition nicht gelungen ist, die Mehrheit auf sich zu vereinen. Vor allem befürchtet er, dass die Lira noch tiefer fallen wird und Investoren wegen der fehlenden Rechtssicherheit ihr Kapital abziehen werden. Parlak: «Für die türkische Wirtschaft könnte diese Wahl in einer Katastrophe enden.»
Dennoch wertet Parlak die Wahl als Erfolg für die Opposition. «Erdogan musste auf Druck der Opposition auf einige Forderungen wie Erhöhung der Altersrenten und Auflösung des Ausnahmezustandes eingehen.» Und Parlak verspricht: «Wir lassen uns auch in Zukunft nicht unterkriegen. Die Opposition ist lebendiger denn je!»