Emmanuel Macron (41), Präsident mit dem Rücken zur Wand, nimmt sich die EU vor. In einem offenen Brief an die «Bürgerinnen und Bürger Europas» fordert er, dass Brüssel das Schengen-Dublin-System «überdenken» müsse.
Die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit und im Asylwesen brauche mehr Verantwortung und Solidarität, findet der französische Staatschef und fordert eine «gemeinsame Grenzpolizei» und eine «europäische Asylbehörde». In der Schweiz – selbst Mitglied bei Schengen-Dublin und darum potenziell betroffen – kommt diese Arroganz aus Paris nicht gut an.
Paris hüllt sich in Schweigen
Zudem: Was er sich konkret vorstellt, führt Macron nicht aus. Auch die französische Botschafterin in Bern, Anne Paugam (52), hilft nicht weiter. Eine Anfrage von BLICK bleibt unbeantwortet.
Alors, Monsieur le Président – wir haben da noch einige Fragen. Beginnen wir mit der «gemeinsamen Grenzpolizei». Die gibt es eigentlich schon. Frontex heisst die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache. Sie kann, wenn ein Schengen-Staat nicht genügend Leute hat, um die eigene Grenze zu sichern, Grenzwächter anderer Staaten zur Unterstützung schicken. Auch die Schweiz stellt der Frontex dafür Grenzwächter zur Verfügung – 16 sind es derzeit.
Will Macron Frontex ausbauen oder durch eine komplett neue Truppe ersetzen? Und was genau soll die tun? Migranten aus dem Schengen-Raum fernhalten? Oder auch Jagd auf Kriminelle machen? Würden dann griechische Polizisten hier der Mafia nachstellen?
Gibt es bald EU-Asyl?
Noch mehr Fragen stellen sich zur von Macron geforderten «europäischen Asylbehörde». Geht es dem Franzosen darum, Flüchtlinge gerechter auf Europa zu verteilen? Dagegen wehren sich osteuropäische Staaten seit Jahren mit Händen und Füssen. Nicht nur zum Unmut Frankreichs, sondern auch der Schweiz. Denn von einem gerechten Verteilschlüssel würden wir profitieren.
Anders sieht es aus, wenn die EU den Staaten eigenständige Asylverfahren wegnehmen will. Dagegen würde sich die Schweiz, die europaweit die schnellsten Verfahren hat, mit Sicherheit wehren. Nur: Will Macron das? Gäbe es dann EU-Asyl? Hätten die Flüchtlinge Anrecht auf eine Niederlassung im gesamten Schengen-Raum?
Fragen über Fragen. Aber Paris bleibt still.