Seit Monaten diskutiert die Schweiz über das Rahmenabkommen mit der Europäischen Union. Es soll die Beziehung zu unserem wichtigsten Handelspartner auf ein stabiles Fundament stellen.
Doch der ausgehandelte Vertrag wird von allen Seiten kritisiert. Selbst die Gewerkschaften – in den vergangenen Jahren EU-freundlich gesinnt – sind dagegen. Sie befürchten, dass durch die geplanten Anpassungen bei den flankierenden Massnahmen der Lohnschutz geschwächt wird.
Konkret geht es um das sogenannte Entsendegesetz. Dieses regelt, unter welchen Bedingungen europäische Firmen in der Schweiz Aufträge ausführen dürfen. Das Gesetz soll sicherstellen, dass die hierzulande geltenden Mindestlohnvorschriften eingehalten werden.
3954 Sanktionen im vergangenen Jahr
Nun zeigen neue Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), die SonntagsBlick exklusiv vorliegen: Im Jahr 2018 wurden 3954 Sanktionen ausgesprochen wegen Verstössen gegen dieses Entsendegesetz. Pro Tag haben die kantonalen Kontrollbehörden, die sich aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen zusammensetzen, mehr als zehn europäische Firmen sanktioniert – einige davon auch mehrmals. In 2965 Fällen wurde eine Busse ausgesprochen, 1035 Mal eine Dienstleistungssperre verhängt, teilweise auch beides gleichzeitig.
Nico Lutz, Leitung Sektor Bau bei der Gewerkschaft Unia, sagt dazu: «Die Zahlen zeigen, dass es nach wie vor viele Verstösse gibt. Umso unverständlicher ist, dass der Bundesrat im Rahmenabkommen mit der EU die flankierenden Massnahmen abschwächen will.» Lutz ist überzeugt: «Mit weniger Kontrollen, kürzeren Meldefristen und weniger Kautionen hätten wir noch mehr Probleme.»
Die Anzahl ausgesprochener Sanktionen bewegt sich ungefähr auf dem Niveau der Vorjahre. Interessant ist aber, von wo die fehlbaren Firmen stammen und wer diese ausfindig macht. Die Sanktionen sind nämlich alles andere als proportional verteilt.
Grosse regionale Unterschiede
Bei den Herkunftsländern der gebüssten Unternehmen schwingen Deutschland und Italien ganz klar obenaus. Firmen aus diesen Ländern sind für beinahe zwei Drittel aller Verstösse verantwortlich. Unternehmen aus den anderen Nachbarländern Frankreich (sechs Prozent) und Österreich (drei Prozent) lassen sich deutlich weniger zuschulden kommen (siehe Grafik).
Noch erstaunlicher ist aber, dass die Kontrollbehörden der Kantone Tessin, Zürich, Bern, Aargau und Basel-Stadt zusammen drei Viertel aller Verstösse gegen das Entsendegesetz entdeckt und sanktioniert haben – obwohl sie nur 44 Prozent der Schweizer Bevölkerung beheimaten.
Komplett anders sieht es beispielsweise in St. Gallen aus. Es ist ein Grenzkanton, hier leben sechs Prozent der Schweizer. Dennoch wurden da lediglich zwei Prozent aller Verstösse entdeckt.
«Die grossen Unterschiede beweisen, dass nicht überall gleich konsequent sanktioniert wird», sagt Gewerkschafter Lutz. Dass dem so ist, legt auch eine andere Zahl nahe: 19 Mal wurde im vergangenen Jahr eine Dienstleistungssperre von fünf Jahren verhängt – die Maximalstrafe. 16 dieser 19 Maximalstrafen wurden von den Behörden des Kantons Basel-Stadt ausgesprochen.
60
Monate ist es einigen europäischen Firmen verboten, in der Schweiz tätig zu sein.
3954
Sanktionen wurden im Jahr 2018 wegen Verstössen gegen das Entsendegesetz ausgesprochen.
30 000
Franken beträgt die maximale Busse bei Verstössen gegen Arbeitsvorschriften.
0
Firmen wurden in den Kantonen Zug und Appenzell Innerrhoden gebüsst.
60
Monate ist es einigen europäischen Firmen verboten, in der Schweiz tätig zu sein.
3954
Sanktionen wurden im Jahr 2018 wegen Verstössen gegen das Entsendegesetz ausgesprochen.
30 000
Franken beträgt die maximale Busse bei Verstössen gegen Arbeitsvorschriften.
0
Firmen wurden in den Kantonen Zug und Appenzell Innerrhoden gebüsst.