Warum es keine zweite Widmer-Schlumpf geben wird
Es fehlt das Feindbild Blocher

Kommt es am Mittwoch bei den Bundesratswahlen wie schon 2007 zum Überraschungscoup? Wohl kaum. Und das aus guten Gründen.
Publiziert: 07.12.2015 um 17:33 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:31 Uhr
Von Ruedi Studer

Kommt es am Mittwoch bei den Bundesratswahlen doch noch zur Überraschung? Wird ein Sprengkandidat gewählt? Sicher ist: Ein wilder Kandidat wird in den ersten Wahlgängen bestimmt getestet.

Trotzdem, die Wiederholung des Widmer-Schlumpf-Szenarios von 2007 ist aus mehreren Gründen unwahrscheinlich.

Es fehlt das Feindbild

Erstens: Es fehlt das Feindbild! 2007 war die Situation im Parlament angespannt. In seinen vier Jahren als Bundesrat war Christoph Blocher das Kollegialitätsprinzip egal und Indiskretionen waren an der Tagesordnung. Bis weit in die Mitte hinein sorgte Blocher für Unmut. Damit war die Grundlage gelegt. Das Ziel war klar: Blocher muss weg.

Der Sitzanspruch der SVP war damals wie heute unbestritten. Doch heute fehlt dieses Feindbild. Es geht schlicht um eine Vakanz. Es gibt keinen konkreten Gegner, den es zu bodigen gilt. Und keiner der drei offiziellen SVP-Kandidaten ist ein wirkliches No-Go.

Es fehlt die Kraft

Zweitens: Es fehlt die Kraft! Mitte-links hat die Wahlen deutlich verloren. Die SVP ist die grosse Siegerin. Vor allem in der Mitte -–n namentlich der CVP – fehlt die Lust zu einem neuerlichen Kraftakt mit der SVP.

Ging man 2007 noch davon aus, dass Widmer-Schlumpf früher oder später von der SVP akzeptiert würde, ist heute klar, dass ein Sprengkandidat per sofort aus der Partei fliegt. Kommt hinzu, dass die SVP auch mit Initiativen – quasi als aussenparlamentarische Opposition – äusserst erfolgreich war.

Es fehlt die Lichtgestalt

Drittens: Es fehlt die Lichtgestalt! Zwar reisst das SVP-Dreierticket keinen vom Hocker, doch auch im Feld der möglichen Sprengkandidaten wächst kein Pflänzchen übermässig in den Himmel.

Die Linke wird sich etwa hüten, einen Heinz Brand zu wählen, der das Asylrecht faktisch abschaffen will. Im Vordergrund stehen also eingemittete Kandidaten wie die beiden Schaffhauser Thomas Hurter und Hannes Germann. Hurter dürften dabei die grösseren Chancen zugerechnet werden, da er am ehesten die Rolle als SVP-Renegat meistern dürfte.

Doch zwingend eine bessere Wahl als einer der drei offiziellen Kandidaten sind auch Hurter oder Germann nicht.

Und wenn doch – wohin?

Doch selbst wenn es ein Sprengkandidat schafft, wo würde er Unterschlupf finden? Die SVP müsste ihn – egal, wer es ist – ausschliessen, um noch ernst genommen zu werden.

Blieben drei Möglichkeiten: Die Gründung einer eigenen Partei, die Parteilosigkeit oder der Beitritt zu einer bestehenden Fraktion.

Eine Neugründung wäre zu aufwändig. Erst recht, da Kleinparteien derzeit nicht gerade gross im Trend sind. Schon bei Widmer-Schlumpf war die Gründung der BDP nicht vorgesehen, sondern wurde quasi durch den Parteiausschluss aus der SVP aufgezwungen.

Als Parteiloser zu regieren, ist auch keine Option, da einem eine tragfähige Basis, eine politische Heimat, eine parlamentarische Hausmacht fehlt.

BDP als Option

Bliebe also nur ein Beitritt zu einer anderen Partei. Die Linke kommt dafür nicht infrage, ebenso wenig die CVP, die dereinst selbst wieder zwei Bundesräte stellen will – und zwar eigene, nicht adoptierte.

Für einen von der SVP nicht akzeptierten Bundesrat wäre also nur die BDP eine Option. «Vernünftige Bürgerliche sind bei uns grundsätzlich willkommen. Allerdings sind wir kein Standard-Auffangbecken für ausgeschlossene SVP-Bundesräte», meint BDP-Chef Martin Landolt sibyllinisch.

Was also, wenn dereinst etwa ein Bundesrat Hurter bei der BDP anklopfen würde? Landolt: «Dann müsste die Fraktion entscheiden, ob wir ihm die Türe öffnen. Wir würden das sicher diskutieren.»

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